PR-Profis raten schnelle Reaktion auf Negativ-Kampagnen

Glosse

Wenn Unternehmen ins Fadenkreuz der Medien gelangen, tragen sie meistens selbst zumindest eine Mitschuld daran. Aufgabe der PR ist in diesem Fall, möglichst rasch und trotzdem intern abgestimmt und transparent zu reagieren. Zu diesem Schluss kommen Unternehmenssprecher aus Wirtschaft, Politik und Kirche laut pressetext.deutschland bei einer Podiumsdiskussion am Kommunikationskongress, der derzeit in Berlin stattfindet.

Aufdecken braucht Vorgeschichte

Wenn es um Problemfälle im eigenen Haus geht, vermeiden die Experten das Wort "Medienkampagne" tunlichst. So etwa Robert Eberle, Pressesprecher der Erzdiözese Freiburg über die Aufdeckung von Fällen des sexuellen Missbrauchs in der Kirche. "Der Skandal ist eindeutig nicht von Medien verursacht, sondern von der Kirche selbst. Zudem lief hier auch in der Kommunikation einiges schief", so der PR-Profi selbstkritisch. Ebenso sagt auch Phillipp Schindera von der Deutschen Telekom , dass die medialen Anschuldigungen gegen die Telekom-Spitze auch auf den Konzern und dessen Vergangenheit selbst zurückgehen. Dennoch brauche die Diskussion eine Versachlichung. "Man kann nicht alle 100.000 Telekom-Mitarbeiter über einen Kamm scheren.

Medien neigen zur Skandalisierung

" Allgemeine Wehrpflicht Wer sich gegen unzulässige Verdachtsberichterstattung nicht schnell wehrt, ist selbst schuld, betont Béla Nicolai Anda von der AWD Holding. "Etwa im Fall Kachelmann standen die Anschuldigungen lange im Raum, ohne dass der Betroffene widersprach. Journalisten erwarten heute, dass man beklagt oder wegklagt, wenn man zu Unrecht am Pranger steht. Eine Entwicklung, die Sorgen macht", so der AWD-Sprecher. Eberle reiht den Anwalt lieber an letzte Stelle. "Eine Klage pusht ein Thema erst recht und wertet es dadurch auf. Es gilt daher, zuvor alle anderen Kanäle wie etwa Journalistenkontakte, die eigene Webseite oder Social Media zu nutzen." Die schwierige Aufgabe eines Pressesprechers lautet für Schindera in derartigen Fällen, das Radar des eigenen Unternehmens zu sein, Missstände rechtzeitig zu erkennen und die Kommunikation darauf abzustimmen. "Er macht sich damit im eigenen Betrieb nicht beliebt, doch ist er es, der sich am Ende des Tages vor die Kamera stellen und die öffentliche Haltung des Unternehmens abgeben muss." Rasche interne Informationsweitergabe und Absprache über das weitere Vorgehen ist zudem für den Umgang mit Negativmeldungen absolute Voraussetzung, so das Credo aller Experten.

Funktion des Journalisten wackelt

Über die Frage, was eine Medienkampagne überhaupt ist, können sich die Diskutanten nicht einigen. "Es ist berechtigte und nachvollziehbare Aufgabe von Journalisten, Vorfällen nachzugehen und darüber zu berichten. Problematisch ist es, sobald sie sich einem Thema mit vorgefasster Meinung nähern und alles weglassen, was dagegen spricht. Hier kommt es manchmal zu raffiniert inszenierten Kampagnen", so Eberle. Der kampagnenartige Stil werde auch durch Zeitdruck und Personalverknappung vorangetrieben, da in Folge tiefergehende Recherche und das Prüfen von Informationen oft dem Abschreiben Platz macht. Anda bezeichnet hingegen die Chronistenaufgabe der Medien durch Darstellen, Einordnen und Kommentieren als passé. "Nur noch wenige große Printmedien können sich das leisten, denn die meisten holen sich ihre Infos längst aus dem Netz und lesen Zeitungen nur mehr aus alter Gewohnheit. Selbst Positionen zu besetzen und Akteur zu werden ist für Medien im Rennen um interessante News immer wichtiger. Da Agenda-Setting und Kampagnen letztendlich nur der Kampf um Positionen sind, sind Medien, Politik oder auch NGOs auf sie angewiesen." (Quelle: pressetext.deutschland)