Oliver Welke: Ab und an kriegen wir sie doch noch aufs Glatteis geführt

Interview

Seit ziemlich genau vier Jahren - die erste Sendung lief am 26. Mai 2009 - wird die Nachrichtensatire "heute-show" mit Anchorman Oliver Welke ausgestrahlt. Die Presseabteilung des ZDF sprach für medienmilch.de mit ihrem Humor-Star:

Herr Welke, die "heute-show" hat es seit Ende März schwarz auf weiß. Sie ist die beliebteste ZDF-Sendung. Gewählt haben die Zuschauer im Rahmen des 50. Geburtstags des ZDF. Hatten Sie und Ihr Team auf einen Spitzenplatz gehofft? 

Ich hab von dem Voting erfahren und habe irgendwann gehört, dass wir da auch ganz gut liegen in der Top 10. Dass es dann für ganz oben reichen würde, hat uns wahnsinnig gefreut. Damit war natürlich nicht zu rechnen. Bei 50 Jahren ZDF sind ja doch ein paar Sendungen zusammen gekommen und wir nehmen das als großes Kompliment, freuen uns riesig und sind uns aber auch darüber klar, dass es damit zu tun hat, dass wir als aktuelles, wöchentliches Format ein bisschen mehr in den Köpfen drin sind als, jetzt weiß ich nicht, "Der goldene Schuss" oder Formate aus den 60ern oder 70ern. Da haben wir dann natürlich einfach einen kleinen Vorsprung. 

Beliebteste Sendung zu sein ist eine große Auszeichnung. Aber ist das nicht gerade für eine Satire-Sendung auch eine unheimliche Belastung? 

Ja, das ist natürlich für eine Sendung wie die Unsere das Gefährlichste, wenn man anfängt sich auszuruhen oder wenn man sagt: Wir müssen das jetzt immer genau so machen, wie es jetzt ist, weil in Wirklichkeit hat die Sendung ja in den Jahren immer mal wieder Veränderungen vorgenommen. Wir haben ständig neue Reporterkollegen, Kabarettisten, Comedians ausprobiert, neue Formen ausprobiert. Ich glaube das ist genau ein Grund für den Erfolg, dass wir eben nicht ganz so berechenbar sind und auch immer so ein bisschen Wundertüte geblieben sind. Also das werden wir auch in Zukunft machen. Der Tag, an dem wir sagen: So, das ist jetzt das Konzept, jetzt müssen wir nur noch haargenau so weiter machen, ist der Anfang vom Ende. Da müssen wir in jedem Fall frisch bleiben, das ist ganz wichtig. 

Seit einiger Zeit bekennen sich auch viele Politiker als Fans der "heute-show". Die sollten eine politische Satiresendung doch eher hassen? 

Also erst mal freuen wir uns über jeden Zuschauer, uns sind alle Berufs- und Altersgruppen gleich recht, aber natürlich ist es auch ein bisschen - ich will nicht sagen gelogen - aber eigentlich schon, denn das gehört ja zum guten Ton, dass man Kabarett und Satire gut findet. Die Politiker setzen sich ja auch immer schon in Kabarettveranstaltungen und hoffen, dass die Kamera sie zeigt, wie sie doch über sich und ihre eigene Kaste lachen können, das gehört dazu. Niemand gibt auch zu, wenn er sich von so was getroffen fühlt. Abgesehen von dem ein oder anderen CSU-Dödel, der schon mal direkt beim Sender anruft, um sich über irgendwas zu beschweren, läuft das ja alles viel subtiler ab. Also das gehört mittlerweile schon zur Grundausbildung des Politikers, dass man zumindest den Eindruck machen muss, dass man über sich lachen kann. Dass das in der Praxis bei denen zuhause im Wohnzimmer öfter mal anders aussieht, davon würde ich einfach mal ausgehen. 

Haben Sie es eigentlich schwer, Politiker in die "heute-show" einzuladen? 

Ja, also die Gäste, die sich verweigert haben, sind natürlich in der Überzahl. Wir hatten ja wirklich nur eine Handvoll. Demnächst kommt der Peter Altmaier als erstes Kabinettsmitglied. Wir haben auch Anfragen laufen an diverse Politiker, die noch nicht abgesagt haben, wo es aber mit der Terminfindung immer noch schwierig wird. Die sind jetzt nicht mehr in dem Stadium, wo sie es rundweg ablehnen in so eine Art Format zu kommen, weil sie natürlich auch gemerkt haben, dass man, wenn man sich darauf einlässt, durchaus auch punkten kann. Das hat ja unter anderem Rainer Brüderle vorgemacht. Im Moment ist es tatsächlich eine Mischung aus dem Standort Köln, wo wir produzieren und dem Freitag, wo tatsächlich viele Politiker nach einer Sitzungswoche sagen, ich muss wieder in meinen Wahlkreis, was ein anderes Wort für nach Hause ist. 

Haben Sie eigentlich mal versucht, die Bundeskanzlerin einzuladen? 

Selbstverständlich. Das wäre ein Traum, aber den brauche ich gar nicht zu Ende zu träumen, weil, die ist ja clever genug, in gar keine Unterhaltungssendung zu gehen. 

Nach vier Jahren sind Sie und Ihre Kollegen nicht nur beliebt, sondern auch bekannt. Können Ihre Außenreporter, wie beispielsweise Martin Sonneborn, denn überhaupt noch "überfallartige" Politiker-Interviews machen? 

Die Politiker kennen ihn natürlich. Das gilt aber inzwischen tatsächlich für alle unsere Reporter, dass die bekannt sind, weil die doch offensichtlich auch mal die Sendung schauen und dann kann man natürlich jetzt nicht mehr so diese Guerilla-Aktionen machen und so überfallartig irgendwen da aufs Glatteis führen, da muss man sich jetzt schon ein bisschen mehr Mühe geben. Und trotzdem gelingt es uns ja immer noch, anständige Beiträge hinzukriegen. Also beispielsweise hatten wir ja beim CSU-Parteitag mal so einen elf-, zwölfjährigen Jungen und haben gemerkt, dass sich Politiker sofort auf ein Kind mit einem Mikro stürzen, weil sie denken, das gibt niedliche Fotos. Aber der Junge hat halt von uns die Fragen bekommen und dann fiel dem Einen oder Anderen schon mal die Kinnlade runter. Also ab und an kriegen wir sie dann doch noch aufs Glatteis geführt. 

Wie viel Freiheit haben Sie eigentlich im ZDF? In der "heute-show" gehen Sie ja weder mit den Politikern noch mit anderen Prominenten zimperlich um. Gibt es da regelmäßige Rüffel? 

Wenn es eine wöchentliche Konferenz oder einen Rüffel gäbe, über das was man darf oder nicht, dann könnte man eine Sendung wie die Unsere direkt einstellen. Also so funktioniert das nicht. Es gibt totsicher Leute, die sich nach einer Sendung mal vorsichtig aushusten in Mainz, aber wir produzieren ja glücklicherweise in Köln und stellen die Sendung dort quasi schlüsselfertig her und das ZDF hat bis jetzt immer verstanden, das, was da möglicherweise gehustet wird, komplett von uns fern zu halten. 

Für einen Comedian ist das doch ein absoluter Traum, oder? 

Ja, das ist ein Traum und gleichzeitig auch eine Grundvoraussetzung. Wenn unsere Autoren anfangen würden, über so was nachzudenken, wenn wir wöchentlich rumspinnen, über welche Leute haben wir denn schon zu viel gemacht, wer hat schon zu viel abgekriegt und muss man jetzt mal mehr über andere machen. Das wäre dann das Ende, denn wir können uns nur nach der Nachrichtenlage richten. Bei uns gibt es ja auch keine Kampagnen gegen irgendwen. Sondern es geht wirklich immer nur nach den Meldungen der Woche und nach der Aktualität.