30 jahre c´t: "Weit über 46.000 Anlässe, einen Leserbrief zu schreiben"

Interview

30 Jahre Computermagazin c't - 30 Jahre unabhängiger und erfolgreicher Fachjournalismus. medienmilch.de sprach mit den Chefredakteuren Johannes Endres und Detlef Grell über Historisches und die Zukunft.

Die erste Ausgabe von c't - magazin für computertechnik erschien im Oktober 1983. Wie groß waren damals das Team und die Auflage?

Die Auflage lässt sich nicht mehr ermitteln. Das Team bestand aus drei Redakteuren, Christian Persson (heute Herausgeber), Andreas Burgwitz, der zuvor Computer-Seiten in der Zeitschrif Elrad gemacht hat, und Detlef Grell (heute einer der beiden Chefredakteure). Außerdem gab es mit Hans-Jürgen Berndt einen technischen Assistenten, der aber eigentlich für die damalige Heise-Zeitschrift Elrad zuständig war und am Anfang nicht viel Zeit für c't hatte. Elrad wurde in den 90ern verkauft und dann leider eingestellt, aber Hans-Jürgen Berndt ist heute bei c't immer noch mit an Bord.

Welche Ausgabe hat sich am besten in den 30 Jahren verkauft?

Die c't-Ausgabe 4/04 mit der beigelegten Knoppix-CD-ROM hat 473.722 Käufer gefunden. Damit ist sie die bestverkaufte c't-Ausgabe der vergangenen 30 Jahre.  

Cover der meistverkauften c´t  

Zu welchem Artikel gab es bisher die meisten Reaktionen?

Darüber führen wir nicht Buch und 30 Jahre entsprechen mehr als 580 Heften mit jeweils rund 80 Artikeln, also weit über 46.000 Anlässen, einen Leserbrief zu schreiben. Dieses Jahr gab es besonders viele E-Mails auf einen Kommentar, der die schlechte Technik von Java- und Flash-Updates kritisierte. Besonders heftige Reaktionen in jüngerer Zeit bekamen wir auf den Artikel zu Waffen aus dem 3D-Drucker. Um die Gefahr einzuschätzen, hatten wir das wirklich ausprobiert.

Wie viele Hefte gehen ins Ausland und welches sind die exotischsten Ziele?

Im dritten Quartal 2013 gingen 31.521 Hefte pro c't-Ausgabe ins Ausland, davon über 25.000 im Abo. Darunter sind Leser in Guatemala, Barbados, Costa Rica, Peru, Gabun, Sambia, dem Tschad, Nepal, Philippinen und Papua Neuguinea.

Wie viele Abonnenten sind von Anfang an dabei?

19 Abonnenten sind seit 1983 dabei.

In den 30 Jahren: Was war der plumpeste Versuch einer PR-Agentur oder einer Firma, in die Ausgabe zu kommen?

Da gibt es zwei Kategorien: Relativ naive Anfragen, was denn die Platzierung eines Artikels in c't kostet - das macht überzeugte Journalisten dann einfach nur traurig. Und dann gibt es die versuchte Einflussnahme, meist auf Tests, die Herstellern nicht gefallen - da blieb schon manches Mal eine Anzeige auf der Strecke. Da zeigt sich der Verlag aber absolut gelassen, was dem journalistischen Arbeitsklima enorm dienlich ist. Der spektakulärste Fall von versuchter Einflussnahme kam von Intel, als wir nach deren Meinung ein NDA verletzt hatte und generell unsere Berichterstattung nicht filtern lassen wollten. Man drohte unverhohlen, das Anzeigensponsoring für die vielen Händler, die in c't inserierten, einzustellen. Der damalige Verleger Christian Heise hat die angereisten Deutschland- und Europa-Manager unglaublich cool abgekanzelt. Der genaue Wortlaut ist leider nicht überliefert, aber es war ein Kurzvortrag über Geschäftsmoral und Ethik mittelständischer Betriebe - und der Vorgang wurde weltweit von der Presse aufgegriffen und wurde für Intel im Nachhinein hochnotpeinlich.

Die heute 278.238 verkauften Exemplaren einer c't Ausgabe haben einen Abo-Anteil von 229.065. Sind sie nicht häufiger Forschungsgegenstand verlagsspezifischer Studien zu dieser Abo-Traumquote?

Erstaunlicherweise fragt kaum jemand nach, obwohl wir gerne Auskunft geben.

Wie wurde denn intern der Geburtstag gefeiert? Gab es 30%-igen Alkohol?

Nein, aber fast 300 Verlags-Kolleginnen und -Kollegen haben eine Grillparty im Garten des Verlagshauses gefeiert; die letzten sind nach 0:30 gegangen. Über die Zahl der Getränke pro Person decken wir das Mäntelchen des Datenschutzes. Mit ihren Lesern feiern die c't-Autoren noch eine zweite "Party der 300".

Wie sieht die c't (und die Welt) in 30 Jahren aus?

c't wird als Magazin fundierte Informationen über aktuelle Technik und ihre Auswirkungen vermitteln. Es wird unabhängig, vielfältig und tiefschürfend berichten. Genauso wenig wie unsere Gründerväter sich 1983 Lese-Apps auf einem iPad vorgestellt haben, wissen wir heute, in welcher Technik c't dann erscheint; vielleicht als Modul für den Neuro-Steckplatz am Hirnstamm? Auf jeden Fall wird es uns gelingen, auch in diesem Medium ein leicht verstaubtes Layout hinzubekommen.

Die Fragen stellte Oliver Hein-Behrens.