Interview: "Ich freue mich, wenn andere die Punto Evo Challenge als Benchmark ansehen"

Interview

Was sind Cross-Channel-Kampagnen und was zeichnet ihren Erfolg aus? Welche Rolle spielt Social Media heute und in Zukunft in der Werbung? Werden Cross-Channel-Kampagnen eine Art Königsdisziplin? medienmilch.de interviewte dazu exklusiv Christian Konzack, Account Director & Brand Leader bei Leo Burnett Frankfurt:

Leo Burnett Frankfurt ist mit der „Fiat Punto Evo Challenge“ Cross-Channel-Kampagne Megaphonsieger im Jahrbuch der Werbung 2011 in der Kategorie Digitale Medien geworden. Was genau ist eine Cross-Channel-Kampagne?

Christian Konzack:
Eine Cross-Channel-Kampagne ist eine Kampagne die die komplette Klaviatur der Medienkanäle nutzt und crossmedial verlinkt. Dabei haben wir uns an den Menschen und ihren Bedürfnissen orientiert. Die Gewohnheiten, die Bedürfnisse und die Art und Weise der Mediennutzung gerade einer jungen Zielgruppe standen bei der Planung zentral an erster Stelle.  

Können Sie bitte in kurzer Form das Erfolgskonzept der „Fiat Punto Evo Challenge“ beschreiben?  

Christian Konzack:
Das Besondere ist hier, dass Social Media Seiten als Werbeplattform aktiv genutzt werden. Das Erfolgskonzept liegt in der Website-übergreifenden Markenvisibilität. Diese wurde zum einen durch das so genannte „Dashboard“ erlangt, das ständig im Vordergrund und an der Seite des Users stand und das dafür gesorgt hat, dass der User sich nicht beim Wechsel von einer Website zur anderen wie z.B. von Facebook zu Flickr, zu Wikipedia etc., im weltweiten Web verliert. Zum anderen ist die wirklich umfassende Verlinkung der Mediakanäle untereinander gut gelungen.  

Werden Cross-Channel-Kampagnen nun eine Art Königsdisziplin im interaktiven Werbeumfeld?  

Christian Konzack:
Ganz ehrlich, ich hoffe nicht dass so etwas als Königsdisziplin angesehen wird, denn es ist nichts anderes als eine wirklich sinnvolle Strategie auf Basis der menschlichen Mediennutzung. Wir bei Leo Burnett versuchen immer wieder neue Maßstäbe zu setzen und neue innovative Lösungen zu finden. Aber auch ganz ehrlich: Ich freue mich, wenn andere die Punto Evo Challenge als „Benchmark“ ansehen.  

Welche Rolle spielt Social Media heute und in Zukunft bei einer erfolgreichen Cross-Channel-Kampagne?  

Christian Konzack:
Es ist Fakt, dass Social Media längst eine wichtige Rolle in der Kampagnenplanung spielt und übrigens nicht nur im BtC-Bereich, sondern auch immer mehr im BtB-Bereich. Zukünftig wird Social Media aber dennoch eine weit größere Rolle spielen – Wenn dieser Kanal integriert angewendet wird und nicht nur als ein weiterer Kanal neben TV, Funk, Print etc. eine reine Markenpräsenz darstellt. Was viele Werbetreibenden leider oftmals vergessen ist, dass Social Media eine der wenigen Chancen ist um in direkte Interaktion mit den Menschen zu treten. Dies gibt es nicht im TV, nicht im Radio und schon gar nicht im Print. Diese Kanäle sind im Vergleich zu Social Media eine „Einbahnstrasse“. Doch was die Kunden wirklich bewegt, was sie interessiert und was sie über unsere Marke bzw. Produkt denken, erfahre ich durch Social Media. Das heißt für uns Werbetreibende, ganz einfach erst zuhören, beobachten, lernen dann machen.  

Wie hoch waren die prozentualen Anteile der klassischen und Online-Werbemaßnahmen am Gesamtbudget bei der „Fiat Punto Evo Challenge“? Wie wichtig war Werbung für den Gesamterfolg?  

Christian Konzack:
Der Anteil lag bei rund 70:30 da man nicht vergessen darf, dass der Fiat Punto Evo ein Volumenmodell ist und somit auch eine ältere Zielgruppe durch klassische Medien angesprochen werden musste. Generell war Werbung natürlich sehr wichtig, vor allem in dem hart umkämpften Segment in dem sich der Punto befindet. Wobei man auch sagen könnte, dass es uns das Produkt leicht gemacht hat. Der Fiat Punto fasziniert mit Technologie der neuesten Generation, innovativem Design, völlig neu überarbeitetem Innenraum und den neuen Multiair Motoren – eine revolutionäre und zugleich umweltschonende Motorentechnologie.  

Sie haben mit der „Fiat Punto Evo Challenge“ eine junge Zielgruppe angesprochen. Wäre Sie eine solche Kampagne auch für ältere Zielgruppen sinnvoll gewesen?  

Christian Konzack:
Es ist schon richtig dass eher die junge Zielgruppe im Fokus stand doch auch die ältere Zielgruppe wurde durch klassische Medien erreicht. Also generell spricht nichts gegen solch eine Cross-Channel-Kampagen für eine ältere Zielgruppe, es könnte nur sein das die Verlinkung der einzelnen Medien anders gewichtet sein müsste.  

Wohin geht der Trend? Werden Sie spürbar mehr Cross-Channel-Kampagnen realisieren als 2010?  

Christian Konzack:
Wir werden auch in 2011 Cross-Channel-Kampagnen in Betracht ziehen, wenn sie mit der Strategie der Marke, der Situation im Markt und dem Produkt einen Sinn ergibt.  

Die berühmten "Hebelwirkungseffekte" einer Cross-Channel-Kampagne sind leider nach wie vor werbetechnisch nicht befriedigend messbar. Stimmen Sie mir da zu?  

Christian Konzack:
Das ist Betrachtungsweise, eine messbare Größe wird man auch in nächster Zeit nicht erhalten, da stimme ich Ihnen zu. Doch es kommt darauf an, was man als Messgröße bezeichnet. Informationen die man aus der Interaktion mit der Zielgruppe zieht, diese in Folge-Projekte einfließen lässt um diese erfolgreicher zu machen, ist eine Art Messgröße nur halt nicht so ersichtlich wie gewohnt.  

Immer mehr Markenartikler verlagern Ihre Budgets komplett in das Online-Umfeld. Worin bestehen Ihrer Meinung nach hier die Hauptgefahren?  

Christian Konzack:
Der Grund für die Verlagerung in Online Werbung ist recht nahe liegend, sie ist preiswerter, lässt sich protokollieren und bewerten und hat das Potenzial, sich selbst zu verbreiten. Doch mit einem kompletten Verzicht von klassischer Werbung laufe ich Gefahr meine Zielgruppe und nicht nur die ältere Zielgruppe die eine geringere Online Affinität aufweist als die junge, an den „alltäglichen“ Touchpoints zu verlieren. Ein Beispiel dafür ist z.B. das ich zum Friseurtermin 30 Minuten früher den Salon betrete, um mir Zeit zu nehme um ausgiebig Autozeitschriften und Werbung vom Wettbewerb studieren zu können. Für mich undenkbar also, wenn es die klassische Werbung nicht mehr geben würde und damit auch nicht mehr mein persönliches Ritual.  

Eine Fee besucht Sie und sagt Ihnen, Sie hätten 2011 eine Cross-Channel-Kampagne frei (ohne Budgetrestriktionen): Was würden Sie machen?  

Christian Konzack:
Ich hätte weniger ein Problem mit den Budgetrestriktionen, gekürztes Budget ist heutzutage Alltag und dennoch schaffen wir es immer wieder tolle Ideen umzusetzen. Daher würde ich zu allererst die 2011er Cross-Channel-Kampagne an den Kunden abrechnen und den Termin für den Kampagnenlaunch auf 2012 verlegen. Dann hätte ich schon mal das Geld, aber auch mehr Zeit eine Cross-Channel-Kampagne für nicht nur ein Produkt wie für den Punto Evo zu entwickeln sondern für die komplette Fiat Produktrange.

Das Interview mit Christian Konzack führte Oliver Hein-Behrens.