Böhmermann vs. Erdoğan: Kunstfreiheit oder Satire?

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Der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Markus Kompa hält es für unstrittig, dass Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“ über den türkischen Präsidenten Erdoğan „irgendwie beleidigend“ sei. Entscheidend sei aber die Rechtswidrigkeit der Aussagen, sagte Kompa im Interview der Deutschen Welle.

Es sei ungewöhnlich, dass die Staatsanwaltschaft Mainz strafrechtliche Ermittlungen gegen Böhmermann nach seinem Beitrag in der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“ eingeleitet habe, ohne dass ein Strafantrag vorliege, sagte Kompa. „Normale Beleidigungsdelikte setzen stets einen Strafantrag des Berechtigten, also Herrn Erdoğans, voraus. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsorgans nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches, die jetzt diskutiert wird, würde ein Ersuchen der Türkei voraussetzen“, so der Rechtsexperte.

Kompa nannte Böhmermanns Beitrag einen „kalkulierten Rechtsbruch“. Kompa: „Satire ist ein Unterfall der Meinungsfreiheit, die durch Artikel fünf des Grundgesetzes besonders geschützt ist. Und es könnte zusätzlich sogar ein Fall der Kunstfreiheit vorliegen, die noch stärker geschützt ist. Jetzt stehen allerdings Satire, Kunst- und Meinungsfreiheit nicht über allem. Vor allem dann nicht, wenn fremde Persönlichkeitsrechte verletzt werden.“

Es sei eine Wertungsfrage, ob diese laut Kompa „wirklich derbe“ Form der Satire angemessen sei, „und da würde ich nicht die Hand ins Feuer legen, dass das die deutschen Gerichte mitmachen“. Eine Haftstrafe für Böhmermann sei aber unwahrscheinlich.

„Damit, dass man so etwas lediglich als Kunst oder als Satire deklariert, kann man sich nicht ohne Weiteres aus der Verantwortung stehlen“, sagte Kompa weiter. „In diesem speziellen Fall könnte es aber durchaus funktionieren. Die Gerichte unterscheiden zwischen dem Satire-Kern und der äußeren Einkleidung. Der Satire-Kern entspricht nicht den Behauptungen, die unter die Gürtellinie gehen, sondern der Satire-Kern ist, dass Herr Erdoğan Satire verbieten will, und das führt Jan Böhmermann ad absurdum.“

Das Interview mit Markus Kompa gibt es hier zu hören..