ROG veröffentlicht zensierte "China Leaks"-Artikel

Aufreger des Tages

Reporter ohne Grenzen (ROG) verbreitet über seine Webseite We Fight Censorship die in China zensierten Veröffentlichungen über die lukrativen Geschäfte der Pekinger Polit-Elite in internationalen Finanzoasen.

Unter www.wefightcensorship.org steht ab sofort eine chinesische Version in leicht kopierbarer Form bereit und kann auf diese Weise unkompliziert weiterverbreitet werden. Damit unterstützt ROG die Bemühungen eines internationalen Verbunds recherchierender Journalisten, die heimlichen Beziehungen zwischen der Führung in Peking und internationalen Finanzdienstleistern einer kritischen Prüfung durch die chinesische Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

China hat auf die Veröffentlichungen von Medien wie dem Norddeutschen Rundfunk, der Süddeutschen Zeitung, der französischen Le Monde und des britischen Guardian mit einer ungewöhnlich starken Welle der Internetzensur reagiert.

"Chinas Reaktion auf die Veröffentlichungen verdeutlicht umso mehr, dass diese Recherchen von größtem Interesse für die Öffentlichkeit sind", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass diese Informationen auch chinesischen Lesern zugänglich werden. Man darf das Internet nicht den Zensoren überlassen, sondern sollte seine Möglichkeiten lieber zugunsten der Informationsfreiheit nutzen."

Ein internationales Team investigativer Journalisten hatte seit Monaten detaillierte Informationen darüber zusammengetragen, wie nahe Verwandte wichtiger chinesischer Politiker und andere Mitglieder der chinesischen Machtelite in Offshore-Finanzplätzen über Jahre Vermögen angesammelt haben - und wie sie offenkundig versuchen, ihren Reichtum vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Den Grundstein der Recherche bildet ein umfangreicher Datensatz, den ein anonymer Informant 2011 dem Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) in Washington zuspielte. Das ICIJ wertet die Daten seitdem zusammen mit Reportern aus aller Welt aus. Nach der Veröffentlichung der Rechercheergebnisse am Dienstag und Mittwoch blockierten die chinesischen Behörden die Internetseiten der meisten beteiligten Medien, wie GreatFire.org berichtete, eine auf die Beobachtung der Pekinger Internetzensur spezialisierten Webseite. Als ungewöhnlich bewertete die Seite, dass nicht nur einzelne Artikel, sondern fast durchweg die kompletten Web-Präsenzen zensiert wurden. Außerdem würden sonst selten englischsprachige Seiten gesperrt, wie nun geschehen. Neben dem ICIJ haben auch die Süddeutsche Zeitung Le Monde und die spanische El País eigens chinesische Versionen ihrer Veröffentlichungen produziert.

Das US-Portal China Digital Times veröffentlichte am Mittwoch eine interne Zensuranweisung chinesischer Behörden, derzufolge alle Berichte über die ICIJ-Recherchen umgehend und ausnahmslos zu löschen seien. Auch in den Twitter-ähnlichen chinesischen Weibo-Mikrobloggindiensten wurden Medienberichten zufolge praktisch alle Kommentare und Links zum Thema blockiert. Enthüllungen über Korruption und versteckten Reichtum chinesischer Spitzenpolitiker gehören zu den journalistischen Themen, auf die die Mächtigen in Peking besonders empfindlich reagieren.