LobbyControl: Über 40 Prozent der deutschen EU-Politiker verdienen sich was dazu

Nicht schön

Eine aktuelle Studie der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory mit Unterstützung von LobbyControl zeigt: Mehr als vierzig Prozent der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments beziehen Nebeneinkünfte.

In fast der Hälfte der Fälle sieht LobbyControl Potenzial für Interessenskonflikte gegeben. LobbyControl fordert das EU-Parlament dringlich auf, in seinem neuen Verhaltenskodex neben mehr Transparenz auch klare Regeln einzuführen: Lobbytätigkeiten gehören ebenso verboten wie bezahlte Nebentätigkeiten bei Unternehmen, die ein spezifisches Interesse an der gesetzgeberischen Arbeit des/der Abgeordneten haben.

Die Studie, die 433 Abgeordneten aus 13 EU-Ländern, darunter Deutschland, auf ihre Nebentätigkeiten hin untersucht, zeigt: Mehr als vierzig Prozent der deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament beziehen Nebeneinkünfte, entweder aus einer beruflichen oder einer anderen bezahlten Tätigkeit wie beispielsweise einem Aufsichtsratssitz. Nicht jede dieser Nebentätigkeit muss immer auch einen Interessenkonflikt bergen. LobbyControl hat bei seinen Recherchen aber etwa in der Hälfte der Nebentätigkeiten der deutschen EU-Abgeordneten Potenzial für einen solchen ausgemacht. Ein potenzieller Interessenkonflikt ist zum Beispiel gegeben, wenn Nebeneinkünfte von einem Unternehmen bezahlt werden, das ein spezifisches Interesse an der gesetzgeberischen Arbeit der Abgeordneten haben könnte. Dabei stützt sich LobbyControl auf die Regeln für Kongressabgeordnete in den USA.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments treffen zahlreiche wichtige politische Entscheidungen, beispielsweise zur Ernährung, dem Verbraucherschutz oder dem Umgang mit dem Klimawandel. Dabei unterliegen sie kaum der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Nicht nur klare Korruptionsbereitschaft wie die im März von der britischen Sunday Times veröffentlichten Fälle beeinflussen die Entscheidungsfindung der Abgeordneten. Auch wenn Mitglieder des Europäischen Parlaments hohe Einkünfte aus Organisationen und Unternehmen beziehen, kann potenziell ein Interessenskonflikt entstehen, weil die Abgeordneten Diener zweier Herren sind.

Die Studie mache erneut deutlich, dass es bei der geplanten Neuregelung der Verhaltensregeln für Abgeordnete nötig ist, klare Grenzen für Nebentätigkeiten einzuführen. Das Parlament muss europaweit vorangehen und allen Lobbytätigkeiten für Abgeordnete klar eine Absage erteilen – ebenso wie allen bezahlten Nebentätigkeiten, bei denen die Geldgeber ein spezifisches Interesse an der gesetzgeberischen Arbeit der Abgeordneten haben.

Das europäische Parlament verfügt derzeit über nur sehr wenige und schwammige Verhaltensregeln.

In der Studie, die CEO mit Unterstützung von LobbyControl und Spinwatch durchgeführt hat, wurden insgesamt 433 Abgeordnete aus 13 EU-Mitgliedsländern untersucht. Insgesamt beziehen 35 Prozent der untersuchten Mitglieder des EU-Parlaments Nebeneinkünfte aus Tätigkeiten neben dem Mandat.