Copyright-Paket der EU-Kommission: Aus für Snippets?

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Der Digitalverband Bitkom hat zentrale Punkte der Entwürfe für eine Richtlinie und eine Verordnung zur Reform des Urheberrechts in der Europäischen Union kritisiert. „Das Copyright-Paket der EU-Kommission ist nicht der große Wurf“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Dringend notwendige Reformen gehe der Entwurf gar nicht oder nur halbherzig an. Aus Sicht der Digitalwirtschaft mache es keinen Sinn, das in Deutschland gescheiterte Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu verschärfen und auf die gesamte EU zu übertragen. Das Leistungsschutzrecht werde die Informationsvielfalt im Internet verringern, wenn innovative Dienste und Start-ups für die Verbreitung von Online-Nachrichten durch hohe Lizenzkosten und rechtliche Unsicherheiten ausgebremst werden.

Nach den Plänen der EU-Kommission dürfen Suchmaschinen oder andere Webseiten nicht mal kürzeste Artikelauszüge („Snippets“) anzeigen, wenn sie auf journalistische Texte verlinken. Die Schutzdauer soll statt einem Jahr wie aktuell in Deutschland 20 Jahre betragen. Zudem soll nicht nur das Veröffentlichen von Links oder Snippets unter das Leistungsschutzrecht fallen, sondern auch das Kopieren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Suchmaschinen Artikel indexieren und dabei eine Kopie in ihre Datenbank aufnehmen, um sie bei einer Suche auffindbar zu machen.

„Es besteht die Gefahr, dass Suchmaschinen journalistische Texte aus ihrer Suche komplett entfernen. Das Web würde ärmer“, warnte Rohleder. Darunter würden vor allem kleinere Verlage leiden, weil ihre Angebote nicht mehr zu finden sind und die Nutzer stattdessen nur auf die Nachrichtenseiten der bekannten Verlage zugreifen.Als unzureichend kritisiert der Bitkom auch die vorgesehenen Regelungen zum Rechtekauf für die Betreiber von Fernsehen im Internet (IPTV). Geplant ist, die Anbieter von IPTV den Kabelnetzbetreibern beim Einkauf von Ausstrahlungsrechten gleichzustellen. Sie können dann bei den zuständigen Verwertungsgesellschaften die Rechte für TV-Produktionen, Filme oder Musiksendungen an zentraler Stelle einkaufen („One-Stop-Shop-Prinzip“). Voraussetzung dafür ist, dass die IPTV-Betreiber ein „geschlossenes Netz“ aus Internetzugang und Inhalten anbieten. Andere Anbieter wie Zattoo, Magine oder TV-Spielfilm profitieren davon nicht. „Alle Fernsehanbieter im Internet sollten gleichbehandelt werden und von einem zentralen Rechteeinkauf profitieren“, sagte Rohleder. Gerade das offene Angebot von TV-Programmen im Internet sorge für einen verbesserten grenzüberschreitenden Zugang zu Inhalten und fördere damit die kulturelle Vielfalt in Europa.

Absolut kontraproduktiv und innovationsfeindlich sind aus Sicht des Bitkom die Regelungen zum so genannten Text- und Data-Mining. Data Mining beschreibt die Analyse von Daten mit dem Ziel, Muster und neue Zusammenhänge zu erkennen. Bisher war strittig, ob entsprechende Analysen von frei verfügbaren Inhalten im Internet urheberrechtlich einer Vervielfältigung gleichkommen und damit einer Erlaubnis durch den Urheber bedürfen. Die EU-Kommission plant jetzt, Text- und Data-Mining explizit nur für Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung zu erlauben. „Eine spezielle Regelung für bestimmte Anwendungen kann im Umkehrschluss heißen, dass alle anderen Datenanalysen im Web einer Einwilligung durch die Urheber bedürfen“, sagte Rohleder. Das würde zum Beispiel viele Unternehmen und vor allem Start-ups treffen, die innovative Big-Data-Anwendungen oder Suchtechnologien anbieten. Rohleder: „In der Praxis wäre es nicht möglich, bei Webanalysen sämtliche Urheber von Inhalten im Internet um Erlaubnis zu fragen. Das wäre das Ende für viele Anbieter von Datenanalysen in Europa.“

Vollständig versäumt habe die EU-Kommission, Regelungen zu urheberrechtlichen Abgaben vorzuschlagen. Diese Abgaben werden in vielen EU-Mitgliedsstaaten auf Geräte wie Computer, MP3-Player, Smartphones etc. sowie auf Speichermedien wie USB-Sticks und Speicherkarten erhoben. Sie sollen Privatkopien der Verbraucher kompensieren, erzeugen aber erhebliche Probleme im EU-Binnenmarkt. „Bei den urheberrechtlichen Abgaben gibt es einen Flickenteppich an Regelungen. Von einer Harmonisierung sind wir weit entfernt“, sagte Rohleder. Produkte, die in einem Land abgabenpflichtig sind, unterliegen in anderen Ländern keiner Abgabe und die Höhe der Tarife variiert zum Teil erheblich. „Für Verbraucher ist das System völlig intransparent“, sagte Rohleder. Die Urheberrechtsabgaben stammten aus den 1960er Jahren und sind für die digitale Welt völlig ungeeignet.