Influencer-Marketing: Likes und Shares sind tot – User-generated Content zählt

Kommentar

Das Marktvolumen für Influencer-Marketing wird in der DACH-Region 2020 bei 990 Millionen Euro liegen, sagt eine Studie von Goldmedia. Doch während der Stellenwert von Influencer-Marketing steigt, sinken die Engagementraten in sozialen Netzwerken zusehends.

Mit Engagement ist dabei die Anzahl an Likes, Comments und Shares für ein bestimmtes Posting oder eine Kampagne gemeint. Doch nicht nur ihre Anzahl sinkt, sondern auch ihre Aussagekraft: „Die werberelevante Generation Z nutzt den Like-Button heute meist nur noch, um Postings als ‚gesehen‘ zu markieren“, beobachtet Björn Wenzel, Gründer und Geschäftsführer von Lucky Shareman. Die Anzahl der Kommentare sage ohnehin nichts aus über deren Tonalität, die Haltung der Nutzer und die Sympathie, die sie der Marke oder dem Produkt entgegenbringen. Wenzel ist überzeugt: „Engagement wird als Kennzahl künftig keine Rolle mehr spielen.“ Sogar Instagram biete in mittlerweile sieben Ländern die Möglichkeit, Like-Zahlen zu verbergen, um das Augenmerk stärker auf die Qualität der Inhalte zu lenken. Positive Nebenwirkung: Betrugsmaschen (Fraud) wie dem Kauf von Likes und Followern wird der Boden entzogen und die Professionalisierung des Influencer-Marketings schreitet voran.

Doch welche Kennzahlen (KPIs = Key Performance Indicators) treten an die Stelle der Engagementraten? Die Wirkung von Influencer-Kampagnen steigt stark an, wenn Influencer und ihre Community optimal zur Marke passen. Die Kriterien Brand Fit und Audience Fit sind somit bei der Auswahl der Influencer neben der Reichweite nicht zu unterschätzen. Das Reichweite nicht alles ist, belegt die Markt-Media-Studie Influencer Facts, die Lucky Shareman gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen GreenAdz, der digitalen Mediaagentur Kontor Digital Media (KDM) und dem Mediaanalyse-Auswertungs-Tool mediMACH entwickelt und umgesetzt hat. Auch eine Studie des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) zeigt: Für über 95 Prozent der befragten Marketer sind die wichtigsten Auswahlkriterien für einen Influencer, wie gut er zur Marke passt und wie stark seine Follower der Zielgruppe entsprechen.

Zu diesen Erkenntnissen passt die Tendenz von Marken, immer öfter Micro-Influencer mit weniger als 50.000 Followern für spezielle Nischenthemen einzusetzen, da diese zwar keine große Reichweite, dafür aber eine besonders starke Nähe zu ihren Fans mitbringen. Laut BVDW-Studie planen 63 Prozent der befragten Unternehmen, 2019 in Micro-Influencer zu investieren, die zur Marke und zum Produkt passen.

Laut Dr. Sandra Gärtner, Gründerin und Geschäftsführerin des Marktforschers GreenAdz, zahlt besonders eine hohe Bindung der Follower an ihren Influencer auf die Glaubwürdigkeit einer Kampagne ein: „Im Durchschnitt halten zwei Drittel der Follower die Werbebeiträge ihrer Influencer für glaubwürdig.“ In den beiden Bereichen ‚Influencer-Auswahl‘ und ‚Kampagnenbewertung‘ sollten Marken und Agenturen deshalb Bindungs-Kennzahlen und weitere nachhaltige KPIs im Influencer-Marketing festlegen:

Kennzahlen zur Auswahl der Influencer: Zu den KPIs, die bei der Auswahl der passenden Influencer eine Rolle spielen, gehören die Glaubwürdigkeit und der wahrgenommene Coolnessfaktor des Influencers sowie dessen Aktivierungsstärke. Letztere bewertet die Fähigkeit des Influencers, seine Follower dazu zu aktivieren, empfohlene Produkte auch zu testen und zu kaufen. Je beliebter ein Influencer in seiner Community ist, desto eher sind die Follower zum Beispiel bereit, Rabattcodes zu nutzen, die im Sales eine große Rolle spielen. Kennzahlen auf Seiten der Follower sind also die Bindung an ihren Influencer, aber auch Konsumverhalten, Einstellungen und Themeninteressen.

Kennzahlen zur Bewertung der Kampagnen: Kampagnenbegleitende Werbewirkungsstudien untersuchen neben Reichweiten und soziodemografischen Fakten wie Alter und Geschlecht heute auch Werte wie Markensympathie, Marken- und Produktbekanntheit, Weiterempfehlungsbereitschaft sowie die Tonalität und Relevanz der Follower-Kommentare. Denn nicht die Anzahl der Kommentare entscheidet letztlich über den Erfolg der Kampagne, sondern ihre Qualität, sprich, wie Follower auf die Marke eingehen. Kommentare und Umfragen zu Sympathie- und Bekanntheitswerten zeigen, ob ein positiver Imagetransfer vom Influencer auf die Marke stattfindet – für ein starkes Branding und eine Community, die auch zum Test und Kauf eines Produktes motiviert wird. Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt für den Erfolg einer Kampagne ist User-generated Content. Er zeigt, wie gut es dem Influencer gelingt, seine Follower zu motivieren, selbst aktiv zu werden und Inhalte zu kreieren, in denen sie Kampagnen-Hashtags nutzen und die Marke vertaggen. Ein Influencer kann seine Follower etwa aufrufen, ihr schönstes Urlaubsfoto unter dem Hashtag eines Reiseanbieters zu posten, um einen Reisegutschein zu gewinnen. Über die Anzahl der genutzten Kampagnen-Hashtags und die Tonalität der Inhalte ist der Kampagnenerfolg dann direkt messbar.

Derzeit findet eine KPI-Revolution im Online-Marketing statt. Engagementraten werden durch nachhaltige Kennzahlen ersetzt. Dadurch erreicht das Influencer-Marketing ein neues Niveau. Marken, Agenturen und Influencer müssen neue Wertmaßstäbe an ihre Kampagnen anlegen, wenn sie zukunftsfähig bleiben wollen.