Buchkritik: Heidi Klum als Paradebeispiel der Celebrity-Forschung

Glosse

96 Prozent der Deutschen kennen Heidi Klum. Dieser Wert ist mit der Bekanntheit von Jesus oder Elvis Presley vergleichbar. Woher kommt diese Popularität? Und welche Rolle spielen die Medien dabei? Diesen Fragen widmet sich das neue Buch von Alrun Seifert, Diplom-Medienwissenschaftlerin.

 

„Das Model(l) Heidi Klum Celebrities als kulturelles Phänomen“ fragt laut Klappentext des UVK-Verlages „in einer medienästhetische Analyse, wie Klum in Deutschland und den USA als populärkulturelles Phänomen funktioniert. Die Autorin zeigt, wie Klum dies durch komplexe, widersprüchliche und kulturspezifisch abgestimmte Angebote gelingt". Man spricht in diesem Zusammenhang von Celebrityforschung, einen mir neuen Medienforschungsbereich, der sich laut der Autorin zurzeit rapide entwickele.

„Der Celebrity … definiert sich vor allem dadurch, dass sein Privatleben bzw. seine „private“ Person – und nicht eine gespielte oder berufliche Rolle – im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und somit der medialen Vermittlung steht“, so die Autorin. Alrun Seifert gibt einen Ein- und Überblick in den aktuellen Forschungsstand, der leider sehr akademisch gehalten sind und nicht selten da, wo es spannend werden könnte, an der Oberfläche verweilt. So bleiben markante Sätze wie „Damit reproduzieren und legitimieren Celebrities nach Marschall die bestehende Ordnung“ oder „Celebrities gelten in dieser Perspektive als Ware, als kulturelles Produkt mit gesellschaftlicher Funktion, die auf die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Demokratie abzielt“ unkommentiert und unerklärt für den Nichtmedienwissenschaftler. Insgesamt bleibt der theoretische erste Teil des Buches für Medienpraktiker trotz des zweifellos hohen Informationsgehaltes zu akademisch und unkonkret.

Im zweiten Teil des Werks widmet sich dann die Autorin Heidi Klum als geeignetes Beispiel der exemplarischen Analyse der Celebrityforschung und geht detailliert auf Ihre TV- und PR-Geschichte ein, von „Wetten, dass ..?“ bis zu ihren Kindern mit Seal. Eine Conclusio dieser ausführlichen Analyse: „Als Repräsentantin spezifischer Rollenbilder, Sehnsüchte, Mythen und Wertvorstellungen spiegelt sie (Heidi Klum, Anm.d.V.) nicht nur die Diskurse der deutschen und US-amerikanischen Kultur dieser Zeit, sondern wirkt auch auf deren Wertsetzungen zurück."

Wer den strengen akademischen Stil des Buches nicht scheut, kann durch „Das Model(l) Heidi Klum Celebrities als kulturelles Phänomen“ ein sehr interessanten und über lange Strecken lesenswerten Einstieg in das spannende Medienfeld der Celebrityforschung erhalten, von dem man hoffentlich noch mehr hören und lesen wird.  

Oliver Hein-Behrens

 

Alrun Seifert Das Model(l) Heidi KlumCelebrities als kulturelles Phänomen 
1. Auflage
2010, 196 Seiten, br. ISBN 978-3-86764-243-9
Euro (D) 24,00 / Euro (A) 24,70 / SFr 36,90
Alltag, Medien und Kultur, Band 7
http://www.uvk.de/buch.asp?ISBN=9783867642439