Kommentar: Medienzensur 2011 – Made in EU?

Glosse

Der Euro in Gefahr? Wenn der Euro geht, fällt auch die EU? Scheinbar nicht die einzige Front, mit der sich das gebeutelte EU-Parlament und die EU-Regierungen sofort und in 2011 beschäftigen müssen. Jetzt kommt auch noch eine „Medienzensur – Made in EU“ auf das Land zu, das in Kürze sogar den EU-Ratsvorsitz übernehmen soll:

Ungarns Parlament hat laut Welt.de und Hamburger Abendblatt das restriktivste Mediengesetz Europas verabschiedet. Die von der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz kontrollierte neue Medienbehörde NMHH soll zukünftig neben der Aufsicht der staatlichen Medien auch die Kontrolle über die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale überwachen. Wer „nicht ausgewogen politisch berichtet“, muss massive Geldstrafen befürchten. Journalisten müssen der Behörde ihre Quellen offen legen. Das ganze ist sogar in der Verfassung verankert.  

Das ist – mit Verlaub – ein Skandal! Ungarn ist nicht Weißrussland, oder doch? Ungarn ist ein EU-Mitgliedsland, das sich damit langsam, aber sicher von der demokratischen Staatengemeinschaft verabschieden würde, europaweit, weltweit!

Was das für die EU bedeutet? Nicht weniger als eine zweite Front, bei der es mittelfristig um das Überleben der politischen Kernidee und damit auch der EU geht. Diese militärisch-martialische Sprache ist bewusst gewählt, denn die Zukunft der EU ist im Kern nicht nur auf eine gemeinsame Währung reduzierbar, wie es uns viele Politiker in Straßburg, Brüssel und Berlin vorkauen. Eine gemeinsame Währung gibt es schon heute nicht in der EU, wenn man einmal genauer hinsieht und es funktioniert bestens – zumindest für die Länder, die innerhalb der EU ihre Währung behalten haben.

Es geht vielmehr um nichts Geringeres als die Demokratie, die „systemrelevant“ für die EU ist und zu der die Pressefreiheit als ein wichtiger Baustein – ohne wenn und aber – dazu gehört. Ein EU-Mitgliedsstaat, der die Pressefreiheit in dieser Form angreift und quasi abschafft, gehört nicht in diese EU-Staatengemeinschaft. Aber vielleicht ist es ja genau das, was die Ungarische Regierung will?

Straßburg und Brüssel sind aufgefordert, hier klarste Signale zu geben und wenn diese Signale nicht verstanden werden, auch zu handeln. Passiert dies nicht, wird die Europäische Union ein weiteres Stück konterkariert und demontiert – mit fatalen Folgen.

Oliver Hein-Behrens