Interview: Eine Art XING für die arabische Welt?

Interview

Der Salam Business Club, 2008 in Hamburg gegründet, ist das weltweit erste internetbasierte Geschäftsnetzwerk für die arabische, asiatische und muslimische Welt. medienmilch.de sprach mit dem CEO und Mitbegründer Rias A. Sherzad über Inhalte, Geschäftsmodell und den Einfluss der aktuellen politischen Situation in den arabischen Ländern auf den Online-Business-Club:

Herr Sherzad, Sie sind Chef des Salam Business Clubs. Ist das eine Art XING für die arabische Welt?  

Rias A. Sherzad:
Man könnte es so nennen, allerdings sehen wir den eigentlichen Vorteil des Businessnetworkings nicht im C2C-Bereich, sondern im B2C2B. Online-Adressbücher und Foren gibt es genug, das eigentliche Potenzial - auch in wirtschaftlicher Hinsicht - steckt aber in den Unternehmen und nicht allein in deren Angestellten. Hier wird sich zukünftig bei SALAMBC einiges entwickeln.  

Was sind die konkreten Inhalte/Angebote des Salam Business Clubs?  

Rias A. Sherzad:
Zum einen sind es natürlich Grundfunktionalitäten zum Austausch der Mitglieder untereinander, zum zweiten aber auch der Fokus den wir auf islamkonforme Geschäftshandlungen setzen. Konkret bedeutet das, dass wir keine Aktivitäten auf der Plattform sehen möchten, die mit der Waffenindustrie, Pornographie oder Glücksspiel zu tun haben. Auch Zinsgeschäfte, die es in der arabischen Welt zwar gibt, möchten wir nicht fördern oder erlauben. Ein Großteil der Mitglieder ist mit dem Hintergrund in die Plattform gekommen, sein geschäftliches Handeln in Einklang mit seinen religiösen Überzeugungen zu bringen. Wenn man sich die einschlägigen Nachrichten über den Bereich des Islamic Finance ansieht und versteht, wie diese die Wirtschaftskrise(n) überlebt haben und sogar mit einem Plus daraus hervorgegangen sind kann man leichter diese von ethischen Überlegungen getriebene Denkweise nachvollziehen. Der Aufbau dieses Grundverständnisses von SALAMBC war der erste Schritt, jetzt geht es für uns daran, den Wert der Mitgliedschaft zu steigern, indem über den reinen Kontaktaustausch hinaus Mehrwert in Form von Empfehlungen, Businessgenerierung etc. geschaffen wird. Die ersten Dienstleistungen dazu wollen wir im Sommer diesen Jahres vorstellen.  

Wie haben sich die Nutzer- und Wachstumszahlen seit 2010 und seit Beginn 2011 entwickelt?  

Rias A. Sherzad:
Ende 2009 hatten wir ca. 25.000 Mitglieder, Ende 2010 waren es ca. 200.000. Aktuell melden sich täglich 500 - 2000 Mitglieder an. Wie man sieht, fluktuieren diese Zahlen noch, dass allerdings aufgrund unserer Sichtbarkeit in den Suchmaschinen und viralen Effekten die sich gelegentlich regional einstellen.  

Welchen Anteil an dieser Entwicklung spielt die aktuelle politische Umbruch-Situation in den arabischen Ländern?  

Rias A. Sherzad:
Wir haben in den Tagen der Internetsperre in Ägypten tatsächlich keine Anmeldungen aus der Region gehabt und auch hinterher ging es erst zögerlich wieder los, aber man sieht jetzt, dass eine kleine Euphorie einsetzt. Die Resignation und das Gefühl des „ausgeliefertseins“ hat sich in eine Art Pionieratmosphäre gewandelt. Wir hören von unseren Mitgliedern häufiger, dass sinnvolle Partizipation am Weltgeschehen jetzt zum ersten Mal greifbar scheint. Sicherlich ging das auch vorher, aber diese Euphorie scheint sich jetzt erst wirklich einzustellen und wir hoffen natürlich, dass sie sich auch weiterhin auf die Mitgliederzahlen auswirkt. Konkret werden wir das aber erst in einigen Monaten bewerten können, jetzt ist es einfach noch zu früh.  

Haben sich Länder wie Tunesien oder Ägypten in den letzten Wochen überproportional entwickelt?  

Rias A. Sherzad:
Das durchschnittliche Wachstum aus diesen Ländern hat sich im Vergleich zu den Vormonaten im Schnitt um etwa 5% erhöht, das betrifft aber nicht nur Ägypten und Tunesien, sondern auch andere Länder in der Region. Sicherlich setzen sich aber auch viele jetzt schon in die Startlöcher, um bei den kommenden politischen Umwälzungen wirtschaftlich zu profitieren, denn wirklich viel geändert hat sich in diesen Ländern noch nicht.  

Ist der aktuelle politische Umbruch vieler arabischer Länder für Ihr Business-Network generell gut oder eher schlecht?  

Rias A. Sherzad:
Wir erwarten, dass sich die politischen Umbrüche positiv auf unser Geschäft auswirken werden. Was sich konkret entwickeln wird ist noch abzuwarten, da es für eine genauere Aussage noch zu früh ist.  

Anmeldung und Mitgliedschaft beim Salam Business Club sind kostenlos. Wie sieht dann das Business- bzw. Refinanzierungsmodell aus? Was sind Ihre Ziele?  

Rias A. Sherzad:
Wir werden eine Premium-Mitgliedschaft einführen und auch Werbung, allerdings sehen wir das eigentliche Potenzial, wie schon beschrieben, eher in den Unternehmen, Selbständigen und Freiberuflern. Der gesamte arabische Raum ist sehr stark geprägt von Unternehmertum, was sicherlich auch kulturelle Gründe hat. Mitte des Jahres werden wir Dienstleistungen für diese Gruppen anbieten und diese auch monetarisieren.  

Welche neuen Inhalte und Services planen Sie bis Ende 2011?  

Rias A. Sherzad:
Alles können wir noch nicht verraten, es wird sich aber viel um "match-making" und Unternehmen drehen. Das Konzept des Online-Business-Networkings ist für unsere Zielgruppe sehr neu, wir werden also auch viel edukativ tätig sein und für eine Weile die Leute mehr an die Hand nehmen und durch die Plattform, bzw. das Arbeiten mit der Plattform führen. Eine Aussage die man häufig über die Konkurrenz hört ist "Jetzt bin ich Mitglied. Und nun?". Dem wollen wir Rechnung tragen, indem die Plattform den Mitgliedern mehr zuarbeitet, als dass sie Aktivität von den Mitgliedern selbst erwartet.  

Warum würde es sich für einen deutschen Geschäftsmann lohnen, Mitglied beim Salam Business Club zu werden? Sehen Sie Branchen, für die Ihr Business Club besonders wichtig ist?  

Rias A. Sherzad:
Wir erleben immer wieder Fälle, in denen wir als Gründer und Betreiber des Salam Business Club von deutschen Unternehmen, vor allem KMUs, angesprochen und um Kontaktanbahnung mit arabischen Unternehmen gebeten werden. Gelegentlich können wir da auch tätig werden, wir wollen diesen Prozess allerdings in die Online-Welt übertragen. Wenn man sich die hohe Anzahl deutscher Unternehmen anschaut, die in den arabischen Ländern aktiv sind dann zeigt sich da ein hohes Potenzial. Allerdings ist es aufgrund wirtschaftlicher, politischer und kultureller Unterschiede nicht ganz einfach, da den richtigen Einstieg zu finden.
Der Salam Business Club ist für deutsche Unternehmen der richtige Einsprungpunkt in diese Region und vereinfacht auch die Kontaktanbahnung. Schon die Präsenz in Form eines Fotos und einiger Informationen zum eigenen Portfolio zeigt einem Araber, dass prinzipiell Interesse besteht und man keine Vorbehalte gegenüber diesem Kulturkreis hat. Es mag ungewöhnlich klingen, aber "dass man sich riechen kann" spielt in diesen Regionen oftmals eine größere Rolle als das Geld und wir hoffen, mit dem Salam Business Club diese Brücke schlagen zu können. Bei uns Mitglied zu sein ist halt an sich auch schon eine Aussage dem arabischen Geschäftspartner gegenüber, auch wenn es im Gesamtkontext des geschäftlichen Austauschs eine kleine Aussage sein mag.
Eine Einschränkung auf einzelne Branchen können wir nicht treffen. Wir haben vom Fitnesstrainer über den Architekten bis hin zum Exporteur von Maschinenbauteilen alle Branchen auf der Plattform vertreten. Wir glauben allerdings, dass wir für KMUs am interessantesten sind, da die Plattform ihnen einfach und schnell einen neuen Markt erschließt. Auf diese Gruppe konzentrieren wir uns daher auch zukünftig mit der Ausrichtung der Plattform. Wir glauben, dass diese Strategie gut funktioniert, denn schon jetzt sind ca. 10% unserer Mitglieder nicht-muslimischen bzw. nicht-arabischen Hintergrunds.  

Das Interview mit Rias A. Sherzad führte Oliver Hein-Behrens.

Rias A. Sherzad, 1977 in Afghanistan geboren und seit den 80ern in Deutschland aufgewachsen, hat gemeinsam mit Farid Zazai den Salam Business Club gegründet und erfolgreich im arabischsprachigen Markt etabliert. Er hat einen IT-Background und war für diverse europäische und arabische Großunternehmen in Deutschland, Großbritannien und Qatar tätig.