Interview: Neue Technologien sind immer auch Herausforderungen für das Theater (exklusiv)

Interview

Eine reale Theaterpremiere als exklusiver Live-Stream im Internet? Gibt es schon! medienmilch.de fragte Jürgen Opel, Leiter Öffentlichkeitsarbeit Volkstheater Rostock, zur unfreiwilligen Online-Premiere von Effi Briest und dem Modellcharakter für die Zukunft:

Eigentlich sollte am 26.3.2011 im Volkstheater Rostock die Premiere von Effi Briest vor vollen Rängen laufen. Was kam dazwischen?

Jürgen Opel:
Das Große Haus wurde in Folge von Brandschutzmängeln geschlossen. Noch sind Proben und Büroarbeit möglich aber Zuschauer haben keinen Zugang. Eine entsprechende Veröffentlichung finden Sie hier.

Wie sind Sie denn auf die Idee der Live-Übertragung der Premiere im Internet gekommen?  

Jürgen Opel:
Bereits vor zehn Jahren hat das Volkstheater als erstes und einziges Theater im deutschsprachigen Raum eine Theatervorstellung (Zauberflöte) als Livestream im Netz. Damals unter ganz anderen technischen Möglichkeiten als 2011. Dieser Gedanke wurde wieder aufgegriffen um den Zuschauern und Theaterfreunden den Premierenbesuch (auf andere Weise) zu ermöglichen.  

Wie konnten sie alles in der kurzen Vorlaufzeit technisch realisieren? Haben Sie externe Partner für das projekt gehabt?

Jürgen Opel:
Wir haben uns der Beratung und der Dienstleistung externer Partner bedient. Trotz neuer Technologien ist eine Übertragung von vier Stunden Theater immer noch Sache der Profis.  

Mehr als 4000 Zuschauer sollen die kostenlose Live-Premiere im Netz verfolgt haben. Woher haben Sie diese Zahl?

Jürgen Opel:
Die mitlaufenden Web-Statistiken weisen diese sehr genau aus. Allerdings müssen diese Zahlen zu Wochenbeginn nach Auswertung auch der Statistiken der Streamserver um einiges nach oben korrigiert werden. Genauere Zahlen finden Sie in Kürze auf unseren Seiten.  

Wie war es denn für die Schauspieler, nur vor einem Online-Publikum zu spielen? Wie eine weitere Generalprobe?

Jürgen Opel:
Für die Darsteller war das eine besondere Herausforderung. Theater passiert in der Interaktion, im Raum und im Kunstraum der Bühne. Internet ist 2D. Und, Theater ist sinnliches Liveerleben. Die "richtige" Premiere wird voller Spannung erwartet.    

Da sie durch diesen "kleinen Unfall" nun die "bestbesuchte Premiere in der Geschichte des Theaters" bekommen haben. Welche Rolle wird das Internet in Zukunft für das Volkstheater Rostock spielen?

Jürgen Opel:
Neue Technologien sind immer auch Herausforderungen für das Theater. Dennoch wird das Internet das Vorstellungserlebnis niemals ersetzen. Im Grundsatz bleiben wir bei dem, was wir schon immer machen: Theater für Publikum spielen.    

Könnten Sie sich für die Zukunft auch eine Art "Online-Theater-Abonnement" vorstellen? Anders gefragt: Würden Leute Ihrer Meinung für einen solchen Online-Live-Event auch zahlen?

Jürgen Opel:
Aus dem Blickwinkel neuer Marketingstrategien könnte man sich sowas im Einzelfall vorstellen. Das ist dann aber konzeptionell etwas anderes als Stadttheater. Mit den neuen Erfahrungen kann man über neue Projekte nachdenken. Aber, wir spielen für die Menschen, die ins Theater kommen. Aus der Stadt, aus der Region. Das ist unsere Aufgabe. Alles andere wird wohl die Ausnahme bleiben.

Das Interview mit Jürgen Opel führte Oliver Hein-Behrens.