iCloud: Revolutionäres Programm oder nur heiße Luft?

Kommentar

iCloud. Das ist die neue Wolke mit der das Unternehmen Apple noch diesen Herbst über die Köpfe seiner Konkurrenz hinweg fliegen will. Einige Funktionen des Programms sind schon jetzt bekannt und mindestens genauso viele Kritikpunkte. medienmilch.de hat genauer hingesehen und das Wichtigste rund um die WolkeSieben zusammengefasst.

"iCloud viel mehr als eine Festplatte in den Wolken." Dank solcher Sätze und der viel versprechenden Präsentation am 6. Juni 2011 im Rahmen der Worldwide Developers Conference (WWDC) durch Steve Jobs selbst, sind die Erwartungen vieler Apple-User an den neuen Dienst entsprechend hoch. Doch wie viel Neues steckt hinter der scheinbar kostenlosen iCloud und dem neuen Betriebssystem iOS5 wirklich?

medienmilch.de hat den im Herbst erscheinenden Nachfolger von MobileMe unter die Lupe genommen. Eine kostenlose Beta-Version von "iTunes in the Cloud" stellt Apple für US-Anwender mit iOS 4.3 bereits jetzt zur Verfügung. Was sagen die Kunden zu der Online-Dienst-Revolution: Treffer ins Schwarze oder viel Wind um nichts?

Bevor wir uns dem Neuen zuwenden, legen wir den Fokus kurz auf das Alte: Was passiert eigentlich mit den alten MobilMe Daten und Accounts der vielen Nutzer? In Foren wurden Kritiken laut, die die Wolkenanwendung schnell in dunkles Licht rücken ließ. Apple hat scheinbar eine kostenlose Account-Verlängerung für alle User veranlasst, die normalerweise kostenpflichtig wäre:

  • Effective June 6, 2011, if you had an active MobileMe account, your service has been automatically extended through June 30, 2012, at no additional charge. After this, the MobileMe service will no longer be available.

Nach dieser Verlängerung werden sämtliche Eingänge also nicht mehr verwendet werden können. Folge: Nicht von allen Usern wird dieser Schritt von Apple positiv aufgefasst:


"Allso mein Mobile Me Account wurde bis zum 30 Juni 2012 kostenlos verlängert,
normalerweise wäre er bis zum 2. August 2011 gelaufen!!!" — Jimbo


"Großartig!!! :(
 Das bedeutet für mich, dass ich meine me.com-Mitgliedschaft noch teurer bezahlt habe als am Anfang angenommen. Rund ein halbes Jahr, bevor meine Mitgliedschaft abläuft wird es kostenlos.
So ein …" — Halidk


"TOLL. Habe vor 2 Wochen mein Account verlängert. Die spinnen doch!! Habe einen dicken Hals." — Luisa


"Ich bin Mal gespannt, was sich Apple einfallen lassen wird um uns zahlende Kundschaft der MobileMe-Pakete zu entschädigen… Denn ich habe meine Mitgliedschaft auch erst vor ein paar Monaten verlängert…" — emdimac


Aber geben wir der Anwendung und ihren Funktionen, trotz der offensichtlichen Spannungen zwischen Kunden und Hersteller, als Außenstehende eine Chance:

  • "iCloud speichert deine Musik*, Fotos, Apps, Kalender, Dokumente und mehr. Und pusht alles drahtlos an all deine Geräte – ganz automatisch."

Man macht also beispielsweise ein Foto mit seinem iPhone und per Photo Stream wandert dieses, sobald das Gerät über WLAN Verbindung zum Internet hat, in die iCloud. Dort bleibt es von nun an 30 Tage lang gespeichert. Soll es über diese Frist hinaus erreichbar sein, muss das Bild in ein Album verfrachtet werden. Auf dem Gerät bleiben die jeweils letzten 1000 Bilder verfügbar. Mac oder PC speichern hingegen alle Bilder permanent. Nun kann es von der iCloud aus an iPad, iPhone, iPod touch, Mac oder PC geschickt werden und zwar ganz "ohne Verwaltung."

Auch hierzulande ist dies durch eine veröffentlichte Beta-Version bereits eingeschränkt möglich. So kann bei der aktuellen iTunes-Version die Einstellung "Automatische Downloads" vorgenommen werden. Hier kann entschieden werden, ob sowohl Applications, als auch Bücher von der Anwendung iBooks automatisch auf alle eigenen Apple-Geräte übertragen werden sollen. Damit spart man sich eine lange Synchronisation und das Verkabeln der Geräte an einen PC oder Mac. Außerdem ist es ein kleiner Vorgeschmack auf die tatsächliche iCloud.

Diese Funktion scheint dem Anwender also tatsächlich eine Menge an Sortiererei abzunehmen. Denn neben dieser im Prinzip netten Idee der Weitervermittlung von abgespeicherten Dingen an sämtliche eigene Geräte, fertigt iCloud täglich ein Backup der Daten auf einem iOS-Gerät an, sofern es in einem WLAN eingebucht ist. Wer ein neues Gerät einrichten möchte, muss also nur noch seine Account-Daten eingeben und kann mit dem Zurückspielen seiner Daten beginnen. Das erwies sich bisher bereits an normalen Rechnern als ein lästiges Problem und lässt sich jetzt sogar ohne Desktop-Rechner und ohne Kabel ganz einfach umgehen.

  • "Wenn du dein iPhone, dein iPad oder deinen iPod touch auf iOS 5 aktualisierst, werden deine Lieblingsapps von Apple mit iCloud integriert. Und ab sofort sind deine Inhalte und Daten immer up to date und für dich zugänglich, egal welches Gerät du verwendest."

Dennoch gibt es nicht nur positive Kritik der User in Foren über diese Funktion:


"Bleibt nur zu hoffen, dass ich auch noch ein bisschen selbst bestimmen kann, was und wie synchronisiert wird, denn ich möchte gar nicht alles auf allen Geräten haben sondern das selbst bestimmen!!!", - Ummel


"Will aber nicht dieselben Apps auf allen Geräten, also zB alle iPhone Apps auf meinem iPad…und wenn das automatisch gegen soll…na danke…hoffentlich kann es im Netz konfigurieren, wie jetzt im iTunes…" — Stephan


"Bin ich der einzigste, der ein Problem damit hat, die ganzen privaten Daten bei Apple, Google, Dropbox oder wem auch immer zu hinterlegen? Ich hätte gerne eine einfache Lösung um meinen NAS
einfach und sicher einzubinden und zwar ohne vorher ein IT-Studium
zu machen. Ich hoffe, man kann seine Daten auch weiterhin am PC syncronisieren." — sgevolker


  • "Wenn du dich für iCloud anmeldest, bekommst du automatisch 5 GB Speicherplatz – kostenlos."

Das Wort "kostenlos" springt dem Leser bei dieser Versprechung natürlich als erstes entgegen. 5 GB Speicherplatz gibt es "gratis" dazu. Laut Hersteller sei das "eine Menge". Die Begründung die dahinter steckt: Musik, Apps, Bücher und der Fotostream beanspruchen keinen Speicher. Übrig bleiben "E-Mails, Dokumente, Aufnahmen, Accountdaten, Einstellungen und andere Appdaten". Anders ausgedrückt bedeutet das aber auch: Jeder weitere Speicherplatz wird etwas kosten. Wie viel genau, wurde noch nicht bekannt gegeben.


"Ich hab erst letzte Woche mir ne neue me Lizenz geholt und aktiviert. Icloud soll im Prinzip mit 5 gb auskommen; was ist mit Navigation apps wie tomtom navigon etc ??? Sind schon mal gut 2 gb weg" — 455009


"Ich denke mal, dass Apple sicherlich auch mehr Speicherplatz gegen ne Gebühr zur Verfügung stellt.
Die wollen da ja auch nen bisschen dran verdienen! ;)" — Horscht


Zu guter Letzt soll dieses Apple-Paket mit dem ebenfalls neuen Programm iTunes Match abgerundet werden:

  • "Mit iTunes Match kannst du alles, was iTunes in der Cloud so praktisch macht, auch für Songs in deiner Musiksammlung nutzen, die du nicht bei iTunes gekauft hast. Egal ob Titel, die du von einer CD geladen hast, oder Musik, die nicht bei iTunes gekauft wurden – iTunes Match macht Platz für deine gesamte Musiksammlung"

Es identifiziert, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, auch selbst-gerippte Musik und synchronisiert sie mit allen angemeldeten Geräten. Dazu wird die Musik nicht zwingend erst in die iCloud hochgeladen und dann auf die einzelnen Geräte geschickt, sondern kommt direkt aus dem iTunes Music Store, sollte sie dort vorliegen. Dieser Dienst ist allerdings nicht mehr kostenlos, für ihn will Apple jährlich 25 US-Dollar haben. Überraschender Weise hatten die Diskussionen in entsprechenden Foren weniger den Preis, den Apple für seine Anwendung verlangt, sondern viel mehr die legale Umwandlung möglicher illegaler Daten durch iCloud zum Thema:


Gravmac: "trägt Apple nicht ein wenig dazu bei (vielleicht) illegal bezogene mp3s zu verbreiten indem sie diese "kopien" einfach legal machen?"


Pingu: "Oder wie hieß es gestern noch so schön auf Twitter: Gestern noch geklaut und heute in der iCloud." 


Unser Fazit

Ziel der iCloud ist es in erster Linie sich von dem Synchronisieren und dem damit verbundenen Kabelsalat zu trennen. Der Fokus soll zukünftig deutlich stärker auf den mobilen Geräten liegen. Ein schönes Beispiel dafür ist auch, dass das iPhone ab Herbst nicht mehr an einen Mac oder Computer angeschlossen werden muss, um es anzumelden. Frisch gekauft, können die Wegbegleiter dann von sich selbst aus registriert werden, wodurch Hersteller Apple natürlich einen weiteren Schritt auf sein eigenes Produkt das iPad zu macht. 

Insgesamt liegt also in diesem Loslösen der wohl größte Fortschritt der neuen Anwendung und diesen wird Apple aller Wahrscheinlichkeit nach auch gut meistern. Bezüglich der Foren-Diskussion: Eine Datensicherheit ließ sich in diesem Jahr wohl bei nahezu keinem Unternehmen fehlerfrei feststellen, doch Hersteller Apple machte in diesem Punkt keine größeren Schlagzeilen.

Die meisten Versprechungen auf apple.de werden eingehalten werden. Sicher wird die eine oder andere Formulierung aus den Wolken gegriffen sein, aber dennoch im Grundsatz halten, was sie verspricht. Über die möglichen Kosten von iCloud und iOS5 können auch wir bisher nur spekulieren und allen Apfelfans die Daumen drücken. Sicher ist: Wir sind gespannt.

Merle Richter