Das Social Media Jahr 2012 – medienmilch.de fragt, Experten antworten

Kommentar

medienmilch.de hat fünf Social Media Profis gefragt, was sie vom neuen Jahr erwarten. Welche Schlagwörter verbinden sie mit 2012? Facebook kommt an die Börse, was wird sich verändern? Droht gar ein Platzen der Social Media Blase? Hier die Antworten:

Social Media 2012 - welche Schlagwörter und Topthemen verbinden Sie damit?

Peter Arens:
Märkte sind wieder Kommunikation geworden. Das gilt nun auch für den B2B Bereich. Wir beraten in erster Linie produzierende Unternehmen aus Maschinenbau und Verfahrenstechnik und auch hier zeichnet sich immer deutlicher ein Trend hin zu einer „Community“ ab, die sich austauscht und aus erster Hand mit dem Anbieter direkt kommunizieren möchte.

Philipp Rodewald:
Filterprobleme, Mobile, Monitoring

Franziska Neubert:
Google+ und Facebook dominierten 2011 klar das Social Media Geschehen. Auch 2012 werden die beiden Netzwerke Topthema bleiben. Werden sich die Netzwerke weiter aneinander anpassen? Wird sich Google+ langfristig durchsetzen können und die bisher eher passiven Nutzer aktivieren können? Auch der endgültige Launch der Timeline für alle Facebook-Nutzer wird vor allem Anfang des Jahres die Social Media Nachrichten dominieren. Wie werden die Umstrukturierungen angenommen? Wird Google+ mit Neuerungen nachziehen? Für Suchmaschineoptimierer werden vor allem die sozialen Einflüsse von Google+ interessant sein. Hier erhoffen wir uns 2012 neue Erkenntnisse über den Einfluss von Unternehmensseiten und des +1-Buttons auf das Ranking von Firmen-Websites. Des Weiteren wird meiner Meinung nach 2012 das Thema Social Advertising das Online Marketing Tagesgeschäft weiter beeinflussen. Wird es Facebook gelingen die Anzeigenschaltung weiter zu professionalisieren? Die Targeting-Möglichkeiten im größten sozialen Netzwerk der Welt sind optimal, doch bezüglich des Kampagnen- und Bidmanagements von groß angelegten Facebook-Kampagnen gibt es noch Nachholbedarf. Wird es Facebook gelingen, Google Adwords ernsthaft Konkurrenz im Kampf um die größten Marketingbudgets zu machen?

Thorsten Bastian:
Ich glaube 2012 wird es mehr denn je darum gehen, das gehypte Thema Social Media auf eine solide Basis zu reduzieren. Für Unternehmen wird dies vor allem bedeuten, dass Sie nachhaltige Strategien entwickeln müssen, um langfristige Erfolge mit Ihren Engagements zu erzielen. Für die Agenturlandschaft wird es ein Prozess sein, bei dem viele Anbieter auf der Strecke bleiben werden. Insgesamt wird das Social Media Business hoffentlich auf eine gesunde Größe zurück geschrumpft werden.

Ulrica Griffiths:
2012 wird das Jahr der Wahrheit für Google+. Topthemen sind außerdem Bewegtbild, Social Media Shopping und Social Media für B2B. Persönlich finde ich auch, dass Wikis als Mittel des internen Austausches, der Kollaboration und des Wissensmanagements noch sehr unterschätzt werden, sowohl in Unternehmen als auch im privaten und im ehrenamtlichen Bereich.  

 

Facebook an der Börse - was wird sich verändern?

Peter Arens:
Nichts wird sich verändern. Vielleicht wird die Akzeptanz unter Geschäftsleuten zunehmen, da Facebook dann auch unter kommerziellen Gesichtspunkten berichte wird.

Philipp Rodewald:
Die Investionsintervalle von Facebook dürften sich verkürzen und Erfolge müssen kurzfristiger erzielt werden. Dies kann dazu führen, dass Facebook Tools und Werbemöglichkeiten schneller veröffentlicht als in der Vergangenheit und Nutzer möglicherweise abgeschreckt werden. Große Gefahr besteht zudem in einer Überbewertung von Facebook, einhergehend mit einer Unsicherheit der Nutzer persönliche Daten bei einem börsennotierten Unternehmen zu „lagern“.

Franziska Neubert:
Zunächst bleibt abzuwarten, ob der Börsengang von Facebook positiv verläuft oder es sich dabei nur um einen kurzfristigen Hype handelt wie dieses Jahr bei Groupon und LinkedIn. Sollte der Börsengang erfolgreich verlaufen, wird sich zeigen, welche Wege Facebook zur weiteren Monetarisierung gehen wird. Schon jetzt gibt es erste Spekulationen um weitere gesponserte Meldungen im Newsfeed sowie Anzeigen in den mobilen Apps. Es spricht viel dafür, dass mit dem Gang an die Börse Facebook noch werbelastiger wird.

Thorsten Bastian:
Mark Zuckerberg hat noch mehr Transparenz versprochen. Für ihn und die Anleger wird es ein spannendes Jahr werden. Wir werden sehen, wie sich der Kurs der Aktie entwickeln wird. Außerdem bleibt abzuwarten, wie Zuckerberg und sein Team das dadurch entstandene Kapital von immerhin 10 Milliarden Dollar investieren werden.

Ulrica Griffiths:
Google steht dann ein Konkurrent mit vollen Taschen gegenüber – mal sehen, ob dann beide um die Wette Geld verbrennen oder ob daraus neue spannende Angebote entstehen.

 

Für 2014 prognostiziert das MaFo-Unternehmen Gartner "ein Platzen der Social Media Blase". Was spricht Ihrer Meinung nach dafür, was dagegen?

Peter Arens:
Die Blase wird vielleicht nicht platzen, aber schrumpfen. Besonders in unserem Bereich „Maschinenbau“ gibt es noch einen erheblichen Nachholbedarf. Immer mehr mittlere und kleinere Unternehmen „steigen ein“ und haben Beratungsbedarf. Es stellt sich für uns auch die Frage, wer wird „The new Kid on the BlocK“ – wer wird gerade unter „semantischen“ Gesichtspunkte der neue Hero?

Philipp Rodewald: Dagegen: Durch die immer größere Verfügbarkeit von Smartphones und WiFi im öffentlichen Leben und der immer besseren Vernetzung von öffentlichen Diensten und Online-Bürgerservices bestehen weiterhin Wachstumschancen für Social Media. Zudem werden bald sämtliche Familienmitglieder in Social Media vertreten sein und nicht nur die jüngere Generation. Dafür: Durch schlechte Beratung und Projektumsetzungen im Agenturbereich dürften bei vielen Firmen die Erfolge unter den Erwartungen zurückbleiben. Einige Unternehmen werden daher vom Thema Social Media erst mal Abstand nehmen. Darüber hinaus sind viele Nutzer von den Push-Maßnahmen der jeweiligen Kommunikationskanäle genervt. Fast jede offline Kampagne verweist auf irgendeine Art und Weise auf die Social Media Kanäle, die Konsumenten erleben eine Reizüberflutung und Marken erreichen eher das Gegenteil. Die Kunden und Fans werden abgeschreckt. Ein weiteres Problem sind ständig neu aufkommende Kanäle. Nutzer können nicht klar definieren, welche Kanäle sinnvoll sind und welche nicht.

Franziska Neubert:
Facebook dominiert ohne Frage das Social Media Geschehen. Das größte soziale Netzwerk der Welt hatte und hat einen wesentlich Einfluss auf den Hype in dieser Branche. Doch wie das Wort „Hype“ bereits verrät, handelt es sich dabei meist um einen zeitlich begrenzten Trend, der irgendwann seinen Höhepunkt erreicht hat. Überall in der Welt steigen die Nutzerzahlen von Facebook, doch aktuelle Statistiken verraten einen baldigen Rückgang der Wachstumsraten. Anderen großen Netzwerken wie Twitter geht es ähnlich. Es bleibt abzuwarten, was passiert, wenn der Höhepunkt erreicht ist und die Nutzerzahlen sich rückläufig entwickeln. Des Weiteren gibt es immer noch sehr viele Unternehmen, die auf den Zug Social Media aufspringen wollen, aber die falschen Ziele verfolgen. Falsche Zielstellungen in Hinblick auf die Social Media Strategie eines Unternehmens können dazu führen, dass erst neu aufgebaute Social Media Abteilungen wieder aufgelöst werden, da der erhoffte Mehrwert ausbleibt.  Social Media ist kein Kanal für das „schnelle Geld“, es geht um Kundenbindung, Branding, Kundenbetreuung uvm. Unternehmen, die dieses Credo beachten, müssen sich meiner Meinung nach nicht vor einem Rückgang des Social Media Hypes fürchten. Gegen das Platzen der Social Media Blase spricht, dass soziale Netzwerke schon heute zu den beliebtesten Kommunikationsmitteln weltweit zählen. Facebook, Xing und Co. werden von dem Großteil der Online-User so alltäglich zur Kommunikation verwendet wie Handy und E-Mail. Des Weiteren gelten diese Plattformen auch immer mehr als Wissensspeicher und dienen der Informations-Recherche. Nutzer „googlen“ nicht mehr nur, sondern suchen aktiv auf Facebook-Seiten oder in Communities nach Informationen, Produktbewertungen und vieles mehr. Bisher gibt es noch keine Anzeichen, dass sich dieser Trend umkehren wird.

Thorsten Bastian:
Wie bereits eingangs erwähnt, halte ich ein Platzen der Blase für äußerst gesund. Mich beunruhigt es momentan eher, wie mit ahnungslosen Unternehmen umgegangen wird und welch ein Profit vielerorts aus der Unbeholfenheit geschlagen wird. Die schwarzen Schafe werden "platzen", die Guten bleiben im Rennen. Wir glauben daran, dass wir zu den Guten gehören.

Ulrica Griffiths:
Alles spricht dafür: Die Vielfalt der Tools, die alle Beteiligten überfordert, und gleichzeitig die Angst der Manager, etwas zu verpassen, wenn ihre Marke, oder das, was mal eine Marke werden soll, keine Facebook-Seite hat. Andererseits heißt das Platzen der Blase nicht, dass Social Media nicht mehr wichtig sein wird, sondern im Gegenteil Angebote höherer Qualität entstehen werden, die auch intelligenter genutzt werden.

 

Welche Rolle werden Location Based Services 2012 spielen?

Peter Arens:
Hier könnte der neue Hero entstehen. Wir sehen hier noch ein enormes Entwicklungspotential. Wenn man berücksichtigt, dass sich die Zahl der Smartphones in Deutschland im letzten Jahr versechsfacht hat, Tendenz zunehmend können wir uns hier noch auf aufregende Anwendungen freuen.

Philipp Rodewald:
Sollte Facebook seine Places Funktion stärker fokussieren, so bestehen hier noch Marktpotentiale, da Facebook auch in der breiten Öffentlichkeit Akzeptanz besitzt. Rein auf LBS spezialisierte Unternehmen, wie FourSquare, sind für den normalen Verbraucher eher uninteressant, da die Nutzer hauptsächlich sehr internetaffine Menschen sind. Zudem haben die Deutschen, anders als US-Amerikaner, ein stärkeres Bedürfnis nach Privatsphäre und die Gefahr eines 1984 dank LBS, dürfte doch sehr groß sein in der deutschen Bevölkerung.

Franziska Neubert:
Ortsbezogene Geschäftsmodelle werden 2012 nicht an Location-Based Services vorbeikommen. Facebook und Google werden in diesen Bereichen immer aktiver, häufig auch in Kombination mit Gutschein-Modellen. Location Based Marketing hat ein ungeheures Potenzial für kleine Werbebudgets, da hierbei Streuverluste wesentlich verringert werden können. Die Zunahme der Smartphone-Dichte weltweit wird diesen Trend weiter vorantreiben. Mobile Marketing wird in Kombination mit Location Based Services 2012 immer weiter an Bedeutung gewinnen.

Thorsten Bastian:
Mit der stark zunehmenden Verbreitung von Smartphones werden auch Location Based Services zunehmend relevanter. Allerdings gilt es hier sinnvolle Aktionen und Kampagnen für den deutschen Markt zu entwickeln. Wir schielen momentan immer auf den US-Markt und versuchen vieles zu kopieren. Aber gerade in diesem Bereich der sozialen Medien stecken wir noch in den Kinderschuhen. Was in den USA und in Asien funktioniert, muss hier noch lange nicht klappen. Um wirklich Fahrt aufzunehmen bedarf es auf Deutschland zugeschnittener Angebote.

Ulrica Griffiths:
Location Based Services bergen viel Potential, ich glaube aber nicht, dass sie 2012 schon eine Hauptrolle im Social Media Marketing spielen werden. Ich rate aber unbedingt zum Spielen: Wer jetzt einsteigt und lernt, hat später jedoch einen Vorsprung.

 

Welches Buch über Social Media sollte man unbedingt lesen?

Peter Arens:
The Cluetrain Manifesto, in die Jahre gekommen aber immer noch gut!

Philipp Rodewald:  --

Franziska Neubert:
Die vielen kleinen und großen Veränderungen auf Facebook, Twitter, Google+ und Co. haben im vergangenen Jahr bewiesen, dass sich der Bereich Social Media im ständigen und vor allem schnellen Wandel befindet. Häufig sind Bücher zu diesem Thema schon veraltet, bevor sie überhaupt gedruckt werden. Ich kann jedem angehenden Social Media Experten daher nur empfehlen, sich regelmäßig auf einschlägigen Social Media Newsseiten, Expertenblogs usw. zu informieren und am Ball zu bleiben. Empfehlen können wir zum Beispiel allfacebook.de, t3n.de sowie futurebiz.de

Thorsten Bastian:
Einen guten und verständlichen Überblick bietet meiner Meinung nach das Buch "Follow Me: Social Media Marketing mit Facebook, Twitter, XING, YouTube und Co. Inkl. Empfehlungsmarketing, Crowdsourcing und Social Commerce" von Anne Grabs und Karim-Patrick Bannour. Das bei Galileo Computing erschienen Buch deckt alle wichtigen Themen ab und dient gerade Einsteigern zum optimalen Überblick.

Ulrica Griffiths: Keines. Bleiben Sie lieber an Ihren besten Blogs dran.  

 

(Oliver Hein-Behrens)

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Peter Arens ist Senior Consultant bei Janus Projekt Consult (www.januspc.de).

Philipp Rodewald ist Geschäftsführer der Webbosaurus GmbH (www.webbosaurus.de).

Franziska Neubert ist verantwortlich für Social Media Marketing bei der Projecter GmbH (www.projecter.de).

Thorsten Bastian ist Inhaber von basta!media (www.basta-media.de).

Ulrica Griffiths ist Inhaberin von Griffiths Consulting Media Relations & Online Relations & Social Media (www.griffiths-consulting.de).