Kommentar: Tunesien und die deutschen Medien - UPDATE

Kommentar

Wer die Tageschau vom 12. Januar 2011 gesehen hat, bekam in einer Kurzmeldung im hinteren Teil der News zu den Bildern einer sehr ruhigen, übersichtlichen Demonstrationsmenge die nüchterne Info, dass eine Ausgangssperre über die Hauptstadt Tunis verhängt worden sei, der tunesische Innenminister entlassen worden sei und verhaftete Demonstrationen entlassen werden sollen.

Von mehr als 70 Toten gehen manche Quellen aktuell – so spiegel.de - aktuell bereits aus.

Ja, sie berichten darüber, die deutschen Print- und TV-Mainstream-Medien, aber berichten sie alles? Zeigen sie die Brutalität des Konfliktes? Nein! Wer bei Youtube sucht, findet dagegen schnell das ungeschminkte Bild eines blutig niedergeschossenen Aufstandes. Die Bilder des Chaos im Krankenhaus nach dem Massaker in der tunesischen Stadt Kasserine vom 10. Januar 2011 sind so schockierend, dass medienmilch.de hier keinen direkten Link anbieten will. Verzweifelte, schreiende Menschen im Krankenhaus sorgen sich um ihre brutal zusammengeschossenen Freunde und Angehörigen – viele bereits tot oder so schwer verletzt, dass sogar ein Laie erkennen kann, dass es hier kaum noch Hoffnung gibt. Es ist überall Blut zu sehen! Bewaffnete sollen von Dächern auf die Menge der Demonstranten geschossen haben. Diese wurden angeblich von offiziellen Stellen beschuldigt, die Polizei angegriffen zu haben.

Ohne dass nur eine Hauch der Chance besteht, die genauen Umstände für ein solches Massaker momentan aufzuklären: Menschen so zuzurichten ist unmenschlich, undemokratisch und unerträglich! Nicht nur die deutschen Mainstream-Medien sind aufgefordert, hier endlich genauer hinzusehen – auch die Politiker! Sonst machen wir uns mitschuldig!

Oliver Hein-Behrens

UPDATE (14.1.2011,19:46 Uhr): Es scheint so, als ob Tunesien heute einen historischen Tag hat. Laut BBC News soll der tunesische Präsident nach Malta geflohen sein. Mehrere BBC-Interviewpartner betonten in der Sondersendung, dass Wikileaks-Veröffentlichungen und Social Media beim Umsturz des tunesischen Diktators eine wichtige Rolle gespielt haben.