Gastartikel: 70 Prozent der Skeptiker werden Social Media einsetzen

Kommentar

Verbraucher werden täglich von vielfältigen Reizen überschwemmt – und jeder Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen hat die Aufgabe, sie bei ihren Präferenzen, Einstellungen und Vorbehalten abzuholen, ihnen emotionale Erlebnisse und vor allem Sicherheit zu bieten. Noch nie standen ihnen dabei so viele Instrumente zur Verfügung.

Durch den parallel wachsenden Aufklärungsstand verlangen die Verbraucher zunehmend nach authentischen Unternehmen und glaubwürdigen Produkten. Gerade Lebensmittel sind hierbei ganz besondere Güter: Verbraucher müssen ihnen vertrauen, auch wenn sie ihnen im hektischen Alltag oft wenig Bedeutung beimessen. Die Münchner Agentur zweiblick hat dazu einen Band mit fünf Thesen zur Food-Kommunikation veröffentlicht (kostenloser Download unter http://www.zweiblick.com/profil/publikationen). Alle Thesen beruhen auf einer Online-Befragung bei Unternehmen der Lebensmittelindustrie und Interviews mit ausgewählten Experten.

These 1: Im Kommunikationsmix werden sich die Bereiche PR und Online-Kommunikation durchsetzen.

Die „Top 5“ der Kommunikationsbereiche sind derzeit Verkaufsförderung, Public Relations (PR), Messen/Ausstellungen, Online-Kommunikation und klassische Werbung. In Zukunft sehen die Unternehmen vor allem eine Steigerung der Online-Kommunikation (42,9 %), gefolgt von PR mit 39 %. PR hat im Lebensmittelsektor als imagebildender und vertrauensfördernder Kommunikationsweg einen besonders hohen Stellenwert. Es hat sich gerade bei der kommunikativen Begleitung sensibler „Vertrauensgüter“ bewährt und zahlt am authentischsten auf die drei Haupt-Kommunikationsziele „Interesse für Unternehmen und Produkte wecken“, „Kundenzufriedenheit“ und „Imageförderung“ ein. Die Bereiche, die laut Umfrage in Zukunft am stärksten verlieren werden, sind die klassische Werbung sowie Messen und Ausstellungen. Stattdessen sehen diese Unternehmen ihre Aktivitäten mehrheitlich in Online-Verkaufsförderungsaktionen (65 %), PR (50 %), E-Mail-Marketing (50 %) sowie Online-Werbung (45 %).

These 2: Jedes zweite Unternehmen wird den direkten Kundendialog ausbauen.

Die Herstellung und Vermarktung von Nahrungsmitteln wird immer komplexer und arbeitsteiliger, weshalb Verbraucher die Abläufe oft nicht mehr einschätzen und nachvollziehen können. Konsumenten finden immer mehr Produkte, parallel aber weniger Transparenz hinsichtlich Preisen, Qualität oder Produkteigenschaften. Kein Wunder, dass eine dialogorientierte Kundenkommunikation nach Meinung von 71,4 % der Befragten in Zukunft wichtiger werden wird. Dabei sind Glaubwürdigkeit und Authentizität zentrale Schlüsselbegriffe. Über die Hälfte der Unternehmen hat vor, den Kundendialog durch weitere Aktivitäten voranzutreiben. Als wichtigste Gründe dafür werden das direkte Feedback (85,7 %), das gestiegene Informationsinteresse der Kunden (ca. 83,2 %) und die Aufmerksamkeit den Kunden gegenüber (74,1 %) ins Feld geführt. Daneben erhoffen sich fast zwei Drittel der Unternehmen Produktanregungen aus ihrem Kundenkreis und möchten die Möglichkeit wahrnehmen, Kritik offen zu begegnen.

These 3: Online-Kommunikation wird zukünftig ein Drittel der gesamten Kommunikationsaktivitäten ausmachen.

Gegenwärtig binden die meisten Unternehmen Online-Kommunikation maximal bis zu 20 % in ihre Gesamtkommunikation ein – darunter hauptsächlich durch Online-PR, Suchmaschinenmarketing und Online-Werbung – wobei der Großteil sogar unter 5 % bleibt. In Zukunft wird gerade diesem Kommunikationsbereich ein enormes Wachstum vorausgesagt: Mit 31,5 % geht die Mehrheit der befragten Unternehmen davon aus, dass die Online-Kommunikation in Zukunft rund ein Drittel (30 bis 39 %) der Gesamtkommunikationstätigkeiten ausmachen wird. Bei den konkreten Online-Maßnahmen wird nach Meinung der Befragten Online-Werbung am meisten ansteigen (54,5 %).

These 4: Knapp 70 % der Skeptiker werden sich der Möglichkeiten von Social Media bedienen.

Nur bei knapp einem Drittel der Unternehmen ist Social Media schon Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Sie nutzen die zielgruppenspezifische Ansprache, die gute Dialogmöglichkeit mit den Kunden und wollen damit mit der Zeit gehen. Sie setzen vor allem auf Empfehlungsnetzwerke, d. h. Plattformen, die über bereits bestehende soziale Netzwerke verfügen und beispielsweise gezielt für Virales Marketing genutzt werden können. Für knapp ein Drittel der Unternehmen, die den Möglichkeiten des Web 2.0 keine Bedeutung in der heutigen Kommunikation beigemessen hatten, werden Social-Media-Anwendungen nach wie vor keine Bedeutsamkeit erlangen. Etwa 70 % der Skeptiker prognostiziert jedoch für die Zukunft eine klare Relevanz dieses Kommunikationskanals. Dabei sehen sowohl große (25,8 %) als auch mittelständische (19,4 %) Unternehmen in Empfehlungsnetzwerken das größte Potenzial. Dem Viralen Marketing wird generell ein entscheidender Stellenwert eingeräumt – 53,3 % der Befragten stimmen dem Statement zu, dass Mundpropaganda der Trend der Zukunft ist.

These 5: PR ist der wichtigste Kommunikationsweg beim Vorbeugen und Bewältigen von Krisen.

Offenheit, Plausibilität, Klarheit und größtmögliche Transparenz – diese Komponenten gehören laut Branchenexperten zu einem glaubwürdigen Unternehmensauftritt, der auch krisentauglich ist. Etwa ein Viertel der Befragten war in den letzten Jahren mit einer Krise konfrontiert, wie zum Beispiel einem Produktrückruf oder Lebensmittelskandal. Die Hälfte der Betroffenen hat darauf mit Krisen-PR-Maßnahmen reagiert, d. h. mit Stellungnahmen und Gegendarstellungen, Presseaussendungen und aktiver Medienarbeit über TV, Radio, Print und Internet. Die Botschaften von morgen entstammen nach wie vor dem Bereich Nachhaltigkeit und umfassen Themen wie Carbon Foot Print, umweltverträgliche Produktion, ethisch und moralisch einwandfreie Produkte, Fair Trade, Regionalität, Herkunft von Rohstoffen, Produktsicherheit und ernährungsphysiologische Aspekte. Dies ist kein überraschendes Ergebnis, doch die Herausforderung liegt darin, den Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht zum Marketingwort verkommen zu lassen. Wer hier auf einen „Trend-Zug“ aufspringen will, ohne hinter dem Konzept zu stehen, kann sein Image schnell verschlechtern.

 

Kristina Wucholt (25), Ernährungswissenschaftlerin und PR-Beraterin bei der Agentur zweiblick. Die Münchener Agentur ist in die beiden Bereiche zweiblick // kommunikation und zweiblick // design aufgeteilt und auf die Themen Food, Beverage und Gastronomie spezialisiert.