Kommentar: Die Ägypter brauchen kein Internet

Kommentar

Der Chaos Computer Club (CCC) hat angeblich - so stand es in zahlreichen Online-Medien - den Behörden in Deutschland die Vorbereitung von Maßnahmen vorgeworfen, um ähnlich wie in Ägypten das Internet auf Knopfdruck abzuschalten.

Dieser so genannte "Internet-Kill-Switch"-Knopf, der die Online-Welt sofort wie in Ägypten unbrauchbar machen würde, wäre auch für manch´ demokratischen Politiker aus westlichen Ländern sicherlich hochinteressant, denn im Falle eines Cyber-Angriffs auf die strategische Infrastruktur wäre es - so die offizielle Argumentation - ein Schutz dieser, indem sämtliche Verbindungen schnell gekappt würden. Ob das schon alles ist ..?

Es wäre töricht, zu glauben, dass nach der historischen Entwicklung in Tunesien und Ägypten, westliche Staatsschutzbeamte und Innenminister nicht spätestens jetzt die Bedeutung des Internets für solche Massenbewegungen erkannt hätten. Ebenso simpel gestrickt wäre es, zu glauben, dass momentan - egal, ob gegen externe Online-Angriffe oder ungewünschte Massendemos - in diesem Bereich Konzepte nicht entwickelt oder verfeinert werden. Das Beste aber ist: Dies ist alles egal!

Obwohl Internet und Mobilnetze in Ägypten von offizieller Seite bereits in einem sehr frühen Stadium abgeschaltet wurden, scheint dies - zumindest bis jetzt - überhaupt nichts aus Mubaraks Sicht zu bewirken. Keine Kommunikationsbrüche, die zu weniger Demonstanten führen. Keine Ängste und Sorgen durch fehlende Kommunikationsplattformen - im Gegenteil. Von Tag zu Tag gehen mehr Menschen auf die Straße, um Mubaraks politisches Ende zu fordern. Die gute alte Mund-zu-Mund-Propaganda scheint bestens zu funktionieren. Internet, Social Media und Mobiltelefon sind also keine Voraussetzung für Unruhen? Ein Internet-Kill-Switch-Knopf ist nutzlos?

Darüber werden Historiker und Medienwissenschaftler entscheiden. Sicher ist nur: So beängstigend ein "Internet-Kill-Switch"-Knopf auch sein mag, es braucht definitiv kein Internet, um Massen zu mobilisieren.

Oliver Hein-Behrens