Um die Antwort darauf vorweg zu nehmen: Laut einer ihrer zehn aufgestellten Thesen am Ende des Buches ist eine Kindheit ohne Computer für die Autoren der beste Start in das digitale Zeitalter. Kinder bräuchten laut Forschung "eine starke Verwurzelung in der Realität, bevor sie sich in virtuelle Abenteuer stürzen. Ihr Gehirn entwickelt sich besser, wenn kein Tablet oderSmartphone reale Welterfahrung verhindert." Und: "Jugendliche entfalten ihr volles kognitives Potenzial, wenn die Reidung des Gehirns in den ersten Lebensjahren ohne Störung verläuft. Digitale Medien können diesen Prozess stören".
Die Autoren beziehen sich dabei auf das - aktuell leider sehr übersichtliche - Angebot an Studien zum Thema Kinder/Jugendliche und digitale Medien. Vielleicht verzichten die Autoren deswegen leider nicht selten gerade dort, wo es spannend wird, auf tiefergreifende Analysen und Interpretationen. So weisen unter Zweijährige zum Beispiel angeblich kurzfristig deutliche Defitite in der Sprachentwicklung auf, wenn sie zu viele Videos oder TV-Sendungen sehen. Wie diese Defizite konkret aussehen und wie sie mit der Mediennutzung konkret korrelieren, bleibt das Werk leider schuldig. Stattdessen kommen unnötige Kasteninformationen im boulevardesken Digitalstil wie "Wussten Sie schon ... ...dass Zweijährige auf Bildschirmen nichts begreifen."
Schade, irgendwie konnte sich das Werk nicht entscheiden, ob es ein echtes Fachbuch oder ein praktisches Hilfebuch für Eltern werden soll. Nun ist es beides geworden und verliert deshalb eindeutig an Tiefe. Trotzdem ist "Die Lüge der digitalen Bildung - Warum unsere Kinder das Lernen verlernen" zu diesem Zeitpunkt ein wichtiges und lesenswertes Buch zu diesem Zeitpunkt zu diesem Themenbereich, denn noch sind solche Werke eben Pionierarbeit .
Oliver Hein-Behrens
Gerald Lembke | Ingo Leipner
Die Lüge der digitalen Bildung Warum unsere Kinder das Lernen verlernen
19,99 € (D) | 20,60 € (A) | sFr. 27,90
ISBN: 978-3-86881-568-9 Hardcover | 256 Seiten Redline Verlag, München 2015