Automated Premium - Das neue Rückgrat mobiler Werbung?

Kommentar

Löst automatisierte Werbe-Technologie das aktuelle Ad-Network-Modell im Internet ab? Ja, meint Frank Bachér, MD Northern Europe bei Rubicon Project, in einem Gastartikel für medienmilch.de.

Es mag einige überraschen, doch bis vor kurzem war Mobile-Advertising noch vom Ad-Network-Modell bestimmt. So wie früher auf dem Desktop funktioniert das prinzipiell folgendermaßen: ein Ad Network bietet Werbeplätze auf diversen Webseiten gebündelt an, ohne Angaben, um welche Websites es sich handelt. Oft unter Einbehaltung von bis zu 50 Prozent des TKPs (Preis für tausend Impressions einer Anzeige). Werbungtreibende, also die Käufer dieses Inventars, haben keine Garantie darauf, wo ihre Anzeigen auftauchen und Publishern fehlt die Kontrolle darüber, wie ihr Inventar gebündelt wird und zu welchem Preis es verkauft wird.

In vielerlei Hinsicht ist die automatisierte Werbe-Technologie, die das Ad-Network-Modell jetzt ablöst (auch bekannt als Programmatic oder Realtime-Bidding), das genaue Gegenteil dieser Vorgehensweise. Warum das Gegenteil? Automatisierte Werbung ist völlig transparent. Käufer von Anzeigenplätzen können die URLs der Verkäufer einsehen, auf denen ihre Anzeige erscheinen wird und auswählen, auf welchen Sites oder mobilen Apps ihre Anzeigen erscheinen sollen und auf welchen nicht.

Zudem ist die zugrunde liegende Technologie (das OpenRTB-Protokoll) transparent, öffentlich und wird unter der Aufsicht eines eigenen Gremiums im Internet Advertising Bureau (IAB) entwickelt.  Das Ad-Network-Modell für mobile Werbung ist oft mit dem Wasserfall-Ansatz gleichzusetzen, bei dem unterschiedliche Käufer in einer vorher festgelegten, starren Reihenfolge Werbeplätze kaufen können. Preisschwankungen der Nachfrage werden dabei ignoriert. Dagegen ist eines der Prinzipien von automatisierter Werbung, die ganzheitliche Auktion in Echtzeit unter Käufern durchzuführen. Der preisliche Wettbewerb generiert dabei den optimalen Wert für den Publisher. Also ein klarer Fall von Angebot und Nachfrage, mit dem Ziel, Käufer und Verkäufer enger zusammenzubringen.

Automatisierte Technologien geben Betreibern von Websites und mobilen Apps die Werkzeuge an die Hand, die sie brauchen, um ihre Werbeplätze sicher und transparent zu verkaufen, während sie gleichzeitig kontrollieren, welchen Werbungtreibenden sie Zugang zu ihrem Inventar gewähren wollen und zu welchem Preis.

Automatisierte Werbung ermöglicht es Publishern zudem, vom wachsenden Fokus auf Mobile seitens der Agenturen zu profitieren: 90 Prozent der Einkäufer von digitalen Werbeplätzen (die Agentur-Trading-Desks) gaben in unserer Studie zu Werbung auf Mobilgeräten an, mobiles Inventar über den automatisierten Handel zu kaufen. Im Jahr zuvor waren es noch 50 Prozent. Die Befragten nahmen zudem an, dass sich die Ausgaben für den Kanal „Mobile“ dieses Jahr verdoppeln würden.

Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang geschlossene Marktplätze, auf denen Werbeplätzen nur zwischen explizit eingeladenen Partnern gehandelt werden (Mobile Private Marketplaces). Sie bieten Qualitätsinventar mit qualifizierten, vertrauenswürdigen Daten zu Zielgruppen und deren Kaufabsichten. 95 Prozent der Einkäufer gaben an, sie hätten bereits über Mobile Private Marketplaces gekauft oder planen es für dieses Jahr.

Mobile Native Advertising ist ebenfalls ein Bereich, den Käufer mit großem Interesse betrachten. Damit sind Anzeigen gemeint, die sich vom Aussehen her nahtlos in die Inhalte der App oder mobilen Website integrieren lassen. Laut einer Studie der OPA (Online Publisher Association der USA) verkaufen 2013 bereits drei Viertel der Publisher in den USA Native Advertising – eine Zahl die inzwischen 90 Prozent erreicht haben dürfte.

Native Advertising ist offensichtlich wichtig für Anbieter von qualitativ hochwertigen Webinhalten und Apps. Doch warum sollte dieses Premium-Inventar gerade für Mobile so wichtig sein? Mobile als ein relativ junger Kanal ist für viele Marken noch immer „Test- und Lerngebiet“, weswegen markengerechte Umgebungen für Werbekunden absolut notwendig sind, also Werbeumfelder, die die Marke unterstützen und ihr nicht schaden. Nur so können sie experimentieren und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden behalten. Die Britische Vereinigung von Online-Publishern (AOP) hat eine Studie zu diesem Thema zusammen mit Mindshare durchgeführt, die den Einfluss von Werbung auf mobilem Premium-Inventar deutlich in den Fokus rückt: Konsumenten sind Anzeigen auf mobilen Premium-Sites gegenüber positiv eingestellt. Sogar, wenn diese Formate in anderem Zusammenhang als „störend“ gelten würden.

Zum Schluss noch eine globale Werbeprognose von Zenith Optimedia aus dem April 2014. Sie prognostiziert, dass der Umsatz mit Werbung im Display-Bereich die Ausgaben für Anzeigen auf Suchmaschinen bis 2016 weltweit überholen wird. Dafür führt die Untersuchung zwei Gründe an: Zum einen das allgemeine Wachstum der Werbeumsätze auf dem Mobile-Kanal und zum anderen die zunehmende Verbreitung von automatisiertem Handel von Werbeplätzen. Von Transparenz über die Ansprache von Werbekunden bis zur Kontrolle und Skalierbarkeit für Verkäufer von Werbeplätzen – und Effizienz für beide – kommen die größten Vorteile der automatisierten Werbung vielleicht bei Mobile sogar noch deutlicher zum Tragen als bei Desktop. Und die meisten Premium-Marken stürzen sich auf diese Gelegenheit. American Express, ein wichtiger Werbekunde aus den USA, überlegt angeblich sogar, seine gesamten Ausgaben auf diesen Kanal zu konzentrieren.

Verlage, die von Wachstum in der digitalen Werbung profitieren wollen, müssen sich dem automatisierten Handel öffnen. Denn über diese Technologie werden zunehmend und immer schneller die digitalen Budgets fließen. Durch Verbreitung der Automatisierung gewinnt auch besonders der mobile Kanal an Fahrt. Die Firmen, die hier schon jetzt experimentieren und Erfahrungen sammeln, werden den größten Teil der steigenden Werbebudgets einsammeln.