Bad Bot oder Mensch – das ist hier die Frage

Kommentar

Einer Studie der University of Southern California zufolge stecken hinter 9 und 15 Prozent aller aktiven Twitter-Accounts Bots und keine Menschen. Unter einem Bot versteht man laut Wikipedia ein Computerprogramm, das weitgehend automatisch sich wiederholende Aufgaben abarbeitet, ohne dabei auf eine Interaktion mit einem menschlichen Benutzer angewiesen zu sein. Wir sollen nur noch angucken, lesen und verblöden?

Ein Kommentar von Oliver Hein-Behrens. 

Twitter selbst unterscheidet laut Xing dabei zwischen „guten Bots“, die dir zum Beispiel sagen, dass Angela Merkel nicht nach Washington fliegen darf, weil dort ein heftiger Schneesturm erwartet wird, und den anderen Bots. Die anderen Bots, nennen wir sie der Einfachheit halber mal die Bad Bots (BB) machen wirklich viele böse Sachen.

However, there is a growing record of malicious applications of social bots. Some emulate human behavior to manufacture fake grassroots political support (Ratkiewicz et al. 2011), promote terrorist propaganda and recruitment (Berger and Morgan 2015; Abokhodair, Yoo, and Mc-Donald 2015; Ferrara et al. 2016c), manipulate the stockmarket (Ferrara et al. 2016a), and disseminate rumors and conspiracy theories (Bessi et al. 2015).  

Fake News, um die politische Stimmung zu beeinflussen, terroristische Propaganda der übelsten Sorte, Marktmanipulationen oder die gewollte Verbreitung von haltlosen Gerüchten und Desinformationskampagnen, um Menschen, Unternehmen oder Institutionen ernsthaft zu schaden oder bestimmte Meinungen, Produkte oder politische Inhalte zu pushen? Ja, all das können sie, unsere Bad Bots und ich habe leider gar keine Zweifel, dass sie dafür auch eingesetzt werden.

Humans are better at generalizing and learning new features from observed data. Machines outperform human annotators at processing large numbers of relations and searching for complex patterns.  

Und keine Frage: Bad Bots können inzwischen eine Gefahr sein! Für den freien Markt, die Meinungsfreiheit und die Demokratie, die doch das Medium Internet eigentlich ursprünglich so begünstigen sollte. Aber ein Algorithmus ist eben immer nur so gut wie sein definiertes Ziel – und kein Mensch mit Gewissen.

More sophisticated bots (…) retweet, but do not mention humans.They might be unable to engage in meaningful exchanges with humans.  

Und die Bad Bots sind schon richtig gut. Sie können dir sogar antworten, ohne dass du merkst, dass sie nicht dir antworten, sondern nur irgendetwas antworten. Aber hey, ist das nicht so wie in jeder normalen Talkshow? Wie in manchen Dialogen zwischen Ehepaaren? Vielleicht etwas übertrieben, zugegeben, aber wenn wir als Menschen nicht mehr erkennen können, ob wir online mit Menschen oder mit Bots kommunizieren -  dann müssen wir es eben ändern!  

These complex bots may be active on Twitter, and therefore present in our datasets, and may have been incorrectly labeled as humans, making even the 15% figure a conservative estimate.  

Was? 15 Prozent Twitter-Botanteil sind eventuell sogar konservativ geschätzt? Höchste Zeit also, liebe Medienpolitiker aller Parteien, sich mit dem Thema ernsthaft zu beschäftigen und eine gesetzliche Kennzeichungspflicht für Bots zu diskutieren, egal, ob Good oder Bad, ob deutsches Social Media Angebot, Twitter oder Facebook. „Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere … die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen“ heißt es in Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen Schleichwerbung. Was sind Bad Bots anderes als Social Schleichwerbung 2.0?

Alle kursiven Zitate stammen aus “Online Human-Bot Interactions: Detection, Estimation, and Characterization” von Onur Varol, Emilio Ferrara, Clayton A. Davis, Filippo Menczer und Alessandro Flammini – Quelle: https://arxiv.org/abs/1703.03107