"Sprache der Verblödung": Kursbuch bringt erstmals Comic

Kommentar

Doofheit rules! Zu diesem Fazit kamen kürzlich zwei Dozenten der Universität Washington, die mit ihrem Online-Kurs "Calling Bullshit in the Age of Big Data" unter ihren Studierenden für Aufklärung über kursierenden Blödsinn sorgen wollen.

Nicht so sehr aus Gründen der Belehrung als aus denen der genauen Beleuchtung begeben sich auch die Autoren des Kursbuchs 191 mit dem so schlichten wie zweideutigen Titel "Bullshit.Sprech" in die Niederungen des sprachlich Seichten und Leichten. Das in der Welt des Managements und Business inzwischen genauso seinen karnevalistischen Unfug treibt wie in der des Sports, Feuilletons und der Kunst und nicht zuletzt auch des Alltags.

Armin Nassehi fragt sich unter anderem, wann aus einer sprachlichen Anpassung an neue Lebenswirklichkeiten - Beispiel gendergerechte Sprache - oder einer kommunikativen Sensibilisierung für stigmatisierte Gruppen dann doch tatsächlich Bullshit wird, und der Theologe Friedrich Wilhelm Graf nimmt sich der Interpretationsoffenheit der religiösen Sprache an, die - Achtung: Bullshit - zuweilen die Grenze zwischen Fakten und Fiktion gefährlich verschwimmen lässt.

Dass und wie insbesondere Medien einen Haufen Bullshit produzieren, zeigt der Journalist Hans Hütt mit seinen gewählten 14 Arten, erfolgreichen Talkshow-Bullshit zu produzieren. Der Autor und Semiologe Georg Seeßlen bringt in gewohnt gekonnter Art die vielen Facetten der "Sprache der Verblödung", ihre Ursachen und Mechanismen auf die Bühne, eine Sprachform, die man nach seiner Überzeugung nicht nur politisch, sondern auch semantisch ernst nehmen muss.

Messerscharf sezieren Kursbuch-Autoren die Semantik und Codierung des für wichtig und richtig Erachteten. Und machen dabei kühne Entdeckungen von Begriffen und Wörtern, die nicht mehr artgerecht gehalten werden. Von Kontexten, die in wilden Paradoxien enden. Oder ganz banal in grandiosem Unsinn. Leser begegnen dabei unterhaltsam Widersprüchen, Antinomien und sprachlichem Unfug an jeder Ecke. Keine Pädagogik, keine Mainstream-Korrektheit, dafür Analyse und Kritik wie immer vom Feinsten.

Statt einer Bildstrecke wird das Kursbucherstmals verfeinert durch einen Comic von Jan Soeken. Außerdem mit Beiträgen von Birger Priddat, Kerstin Hensel, Georg Oswald, Jakob Schrenk, Maurice Summen, Markus Baumanns, Torsten Schumacher und Peter Felixberger.

Armin Nassehi, Peter Felixberger (Hrsg.)
Kursbuch 191
Bullshit.Sprech 202 Seiten
€ (D) 19,00 / € (A) 19,60 / sFr. 27.50 Jahresabo € (D) 60,00
ISBN 978-3-946514-732