Gastartikel: Digital sortiert statt digital verwirrt

Kommentar

Man hört und liest es immer wieder: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in deutschen Unternehmen fehlt es an digitalem Know-how. Aber ist das wirklich so? Fühlen sich Berufstätige tatsächlich aufgrund eines Mangels an digitalem Wissen im Arbeitsalltag beeinträchtigt?

Oder erschweren ganz andere Hürden eine moderne interne Kommunikation und Zusammenarbeit und falls ja, was können Firmen dagegen unternehmen? Ein Gastartikel von Lutz Hirsch, geschäftsführender Gesellschafter von HIRSCHTEC.

Auch wenn es oft behauptet wird: Deutschlands Berufstätigen mangelt es durchaus nicht an digitalem Know-how. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Kantar EMNID-Umfrage im Auftrag von HIRSCHTEC zum Thema „Digitale Realität in deutschen Unternehmen“. So glauben heute schon fast zwei Drittel (66 Prozent) der Berufstätigen, dass sie digitale Werkzeuge – darunter z. B. moderne Tools wie Intranet, Dateiaustausch oder virtuelle Arbeitsräume – effizient im Arbeitsalltag einsetzen.

Mitarbeiter fühlen sich durch zu viele verschiedene digitale Tools beeinträchtigt

Ist die Tool-Landschaft in Unternehmen jedoch zu komplex und werden zudem Inhalte auch noch über die verschiedensten Kommunikationskanäle gestreut, so stellt das Finden der für ihren Arbeitsalltag relevanten Informationen eine große Herausforderung für die Mitarbeiter dar. Die Konsequenz: Fast ein Viertel (24 Prozent) der Beschäftigten fühlt sich häufig durch ein Zuviel an digitalen Tools in der internen Kommunikation und Zusammenarbeit beeinträchtigt – unter den Befragten, die überdurchschnittlich viel digital arbeiten, sind es sogar fast ein Drittel. Fehlendes digitales Wissen und unklare Regelungen zum Einsatz der Werkzeuge sehen hingegen nur 18 Prozent bzw. 17 Prozent als Hindernis.

Individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter erfordern unterschiedliche Kommunikationsmaßnahmen

Interessant dabei auch: Je nach Wohnregion, Altersklasse oder Bildungsniveau zeigen sich durchaus große Unterschiede bei den Befragten. So fühlen sich unter 29-jährige und über 60-jährige Berufstätige am seltensten durch fehlendes persönliches Know-how und unklare Regelungen bei der digitalen Zusammenarbeit behindert. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind es aber mit 24 Prozent bzw. 20 Prozent überdurchschnittlich viele. Sie hinterfragen scheinbar die Nutzung digitaler Kanäle im Hinblick auf ihren tatsächlichen Nutzen am kritischsten und sind oft im mittleren Management angesiedelt. Bezüglich der Bildungsabschlüsse zeigt sich: 29 Prozent der Berufstätigen mit Abitur oder Universitätsabschluss sehen sich durch zu viele verschiedene digitale Tools bei der internen Zusammenarbeit behindert. Gerade diese Gruppe zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Computer- und Wissensarbeit aus und ist bei zunehmender Verdichtung der Arbeitswelt auf eine reibungsarme Unterstützung durch moderne Kommunikations- und Arbeitsplattformen angewiesen.

Digitale Tools müssen tägliche Arbeitsabläufe effizienter und effektiver machen

Was bedeutet das nun aber ganz konkret für Unternehmen? Sie sollten a) erkennen, dass Mitarbeiter unterschiedliche Bedürfnisse haben, wenn es darum geht, digitale Tools effizient für die interne Kommunikation und Zusammenarbeit zu nutzen und b) passende Initiativen und Kommunikationsmaßnahmen bei der Einführung neuer Werkzeuge festlegen. Denn wo z. B. junge und ältere Mitarbeiter neue Lösungen oft schneller adaptieren und ganz natürlich mit ihnen im Arbeitsalltag umgehen, erfordert es bei der mittleren Management-Ebene häufig deutlich mehr Überzeugungsarbeit.

Auch stehen digital reife Unternehmen vor gänzlich anderen Herausforderungen als solche mit einem niedrigen digitalen Reifegrad: Für erstere ist es wichtig, ihre kontinuierlich gewachsene und komplexe Tool-Landschaft auf wenige, effiziente Werkzeuge zu reduzieren. Sonst kann es zu einer digitalen Verwirrung und Beeinträchtigungen bei der Zusammenarbeit kommen. Für letztere ist es essentiell, bei der Einführung von Kommunikations- und Kollaborations-Tools den Fokus darauf zu legen, das nötige Wissen an die Mitarbeiter zu vermitteln und diese zu befähigen, die digitalen Werkzeuge richtig im Arbeitsalltag einzusetzen.

Nur, wenn digitale Werkzeuge die Erledigung der täglichen Arbeitsaufgaben tatsächlich erleichtern und verbessern, empfinden Mitarbeiter Digitalisierung nicht als zusätzliche Belastung, sondern stattdessen als große Bereicherung.

Die Studie „Digitale Realität in deutschen Unternehmen“ steht auch als PDF zum kostenlosen Download auf https://hirschtec.eu/studie-digitale-realitaet-2018/ zur Verfügung.