Kommentar: “HypoRealBeschiss”? oder: “Too Big to Fail” (exklusiv)

News

„Der verstaatlichte Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) peilt nach der Auslagerung milliardenschwerer Altlasten im kommenden Jahr schwarze Zahlen an“, schrieb die Süddeutsche Zeitung online noch am 8.9.2010.

Künftig wolle der Vorstand bei Finanzierungen genau auf die Risiken schauen. Auf der Homepage der inzwischen verstaatlichten Bank sieht man unter „Aktuelles“ die neueste Meldung, datiert vom 13.8.2010, mit dem Titel „HRE setzt Konsolidierungsprozess fort und reduziert Verlust weiter.“ Focus-Korrespondent Frank Thewes schrieb am 6.2.2009 in Focus online: „… Ohne das Geld der Steuerzahler wäre der Laden nichts mehr wert. Sie und ich sowie jedes unserer Kinder bürgen für die Hypo Real Estate mit 1150 Euro. Denn ohne die 92 Milliarden Euro an staatlichen Garantien wäre der Finanzkonzern mit Sitz in München schon längst bankrott.“ Jetzt kommen weitere 40 Milliarden Euro dazu! stern.de hatte zuvor berichtet, das im schlimmsten Fall die Bank bis zum 22. September sonst zahlungsunfähig sei. Eine Telefonkonferenz reichte, um die erneute Summe von 40 Milliarden Euro locker zu machen. Laut Soffin beträgt das Gesamtvolumen der staatlichen Garantien für die HRE nun bis zu 142 Milliarden Euro. Was für konkrete Forderungen dahinter stehen? Wer dieses Geld bekommt? Keine Ahnung! Sagen Sie es mir.

142 Milliarden Euro. Was man damit finanzieren könnte? Etwa 7,5 „Stuttgart 21“ Projekte. Oder fast den gesamten Etat des Ministeriums für Arbeit und Soziales, der 143,19 Milliarden Euro beträgt. Also die Summe der Ausgaben aller Renten, Hartz 4 und sonstigen Kosten und Zuschüsse für ein ganzes Haushaltsjahr in diesem Land. Dies macht die finanzielle Dimension klar, in der sich diese Bank inzwischen bewegt. Erschreckend. Und was sagt die Politik dazu? Unsere Regierung und die Bundeskanzlerin? „Letztendlich geht es darum, die gesamte Volkswirtschaft vor größerem Schaden zu bewahren und das Geld der Steuerzahler zu sichern“, so eine Pressemeldung zur Verstaatlichung der HRE aus dem April 2009. Systemrelevanz heißt das Zauberwort, das als Grund dafür herhalten muss, aber was ist Systemrelevanz?

Wer bei Wikipedia danach sucht, kommt schnell zum Begriff „Too Big to Fail“ (deutsch: „Zu groß, um zu scheitern“). Too Big too Fail beschreibt laut Wikipedia „die Vorstellung, dass Unternehmen, aber auch andere Institutionen wie etwa Staaten oder Städte, ab einer bestimmten Größe allein aufgrund ihrer Größe de facto davor geschützt seien, insolvent zu werden, weil sie als systemische Einrichtungen rechtzeitig vom Staat oder internationalen staatlichen Organisationen durch eine Staatsintervention im Rahmen eines „Bail-out“ gerettet würden, um nicht die gesamte Volks- oder gar Weltwirtschaft, bzw. das gesamte Wirtschaftssystem, zu gefährden.“ Ergo: Während der eigentlich systemerhaltende Mittelstand langsam, aber sicher verblutet, wird pure Finanz- und Wirtschaftsgröße mit der „Unsterblichkeit“ belohnt. Unsere Regierung agiert genau so. Warum? Was kommt da schlimmstenfalls noch auf uns zu? Und wieso findet man auf der Homepage einer (inzwischen) verstaatlichten Bank, die ohne unsere Steuergelder schon lange pleite wäre, unter „Aktuelles“ eine „Prima, Reduktion der Verluste“-Pressemeldung, obwohl parallel in hastigen Telefonkonferenzen weitere Milliarden Steuergelder spendiert werden. Und am wichtigsten: Wieviele weitere Milliarden Euro ist uns diese Bank in den kommenden Jahrzehnten noch “wert”? Darauf haben wir bis heute keine konkrete Antwort bekommen! Vielleicht gehört auch das zur Systemrelevanz.

Oliver Hein-Behrens