Das Internet verändert die klassische Werbung rasant

Meldung des Tages

Die Werbebranche in Deutschland hat laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) Deutscher Werberat das Finanzkrisenjahr 2011 offenbar weitgehend glimpflich überstanden.

Die Investitionen in Löhne und Gehälter, Produktion von Werbemitteln und in die Verbreitung von Werbebotschaften werden voraussichtlich um 1,4 Prozent auf 29,94 Mrd Euro steigen. Die Medien erhalten davon 18,94 Mrd Euro netto als Träger der Werbung.

Ob das Werbejahr 2011 positiv abschließen werde, hänge aber noch vom Weihnachtsgeschäft ab, das von der anhaltenden Diskussion maroder Staatshaushalte westlicher Länder beeindruckt werden könnte, schränkte ein
ZAW-Sprecher in Berlin ein. Bei werbenden Unternehmen wie Konsumenten
schwinge Unsicherheit über künftige betriebswirtschaftliche Umsätze und private Einkommen sowie dem Trend der Inflationsrate mit.

Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang die Marktbeobachtung, dass
Investitionen in Image-Kampagnen von Firmen im Verlauf des Jahres deutlich
gestiegen sind. "Offensichtlich wollen Firmen Vertrauen in unsicheren Zeiten
schaffen".

Ebenso lasse sich bereits vor Jahresabschluss als Ergebnis festhalten, dass
Online-Dienstleister zu immer stärkeren Investoren von Werbung in
traditionellen Medien heranwachsen. Daraus würde sich zweierlei ableiten lassen, so der ZAW: Werbekanäle im Internet bräuchten die Werbequalitäten der traditionellen Medien für die Hinlenkung auf ihr eigenes Angebot womit sie gleichzeitig als Effekt einen monetären Beitrag für die Stabilität des vorhandenen Mediensystems lieferten.

Dieser Trend verändere die deutsche Medienstruktur gleichzeitig rasant. "Im
Schmelztiegel der Digitalwirtschaft zerfließen Begriffe wie traditionelle
Medien und klassische Werbung zur Markt-Kommunikation zwischen Anbieter und Kunden mit neuen dialogisch geprägten Systemen des Verhältnisses zwischen beiden Marktpartnern".

Werbung von oben nach unten ("Top-down-System") habe keine Zukunft. Von Herstellern und Handel werde größte Beweglichkeit in Produktion, Distribution und Markt-Kommunikation abverlangt. "Das große Thema", so dioe Pressemeldung etwas kryptisch weiter, "unseres Jahrhunderts werde die Bottom-up-Welt sein, die Welt von unten nach oben. Das zeige sich im Sektor Werbung deutlich durch den wachsenden Einfluss von Konsumentengruppen auf konkrete Werbeprojekte."

Für das kommende Jahr rechnet der Zentralverband der deutschen
Werbewirtschaft ZAW laut Umfrage unter seinen 41 Mitgliedsorganisationen
trotz konjunktureller Unwägbarkeiten nur mit einer leichten Delle bei den
Investitionen der Unternehmen in ihre Werbung von -0,4 Prozent (29,83 Mrd
Euro) und einem Rückgang der Medienumsätze aus dem Werbegeschäft von 1,5 Prozent (18,66 Mrd Euro).

Die Stimmung bei den werbenden Unternehmen, den Medien und Agenturen sei
gedämpft optimistisch. Rechneten im Frühjahr noch 56 Prozent der ZAW-Verbände mit steigendem Wirtschaftswachstum in Deutschland, sind es nun im Herbst nur noch 27 Prozent. Von stabilen Verhältnissen der Konjunktur gehen 63 Prozent Frühjahr: 41 Prozent) aus, während jetzt 10 Prozent die Wirtschaftslage absinken sehen (3 Prozent).

Bei der Einschätzung des Trends von Investitionen in Werbung sagen ein
Drittel oder 33 Prozent der ZAW-Mitglieder für die kommenden sechs Monate
wachsende Werbebudgets voraus (Frühjahr: 54 Prozent), 63 richten sich auf
Stagnation ein (46 Prozent) und 4 Prozent auf schrumpfenden Werbeetats.

Die ZAW-Herbstumfrage erbrachte gleichfalls eine Rangliste von neun
ausgewählten Problemfeldern für die Werbewirtschaft. An der Spitze steht
gegenwärtig mit 74 Prozent der Mehrfachnennungen die Sorge um immer tieferer Eingriffe der Politik in die ohnehin bereits sehr eingeschränkte und von
bürokratischen Vorschriften durchzogene kommerzielle Kommunikation. Allein
die EU habe mit unterdessen 22 Richtlinien und 4 Verordnungen den Spielraum
der Markt-Bewerbung von Unternehmen eingeschränkt, ergänzt der ZAW.

Zukunftssorgen bereitet den Investoren von Werbung, Medien und Agenturen
neben spezifischen Problemen einzelner Fachbereiche die Datenflut in der
Werbebranche (72 Prozent), wachsende Komplexität der Struktur von
Werbeträgern (70 Prozent), Herausforderungen an die Werbeselbstdisziplin
sowie der Mangel an Nachwuchs (beide 52 Prozent).

Dass sich die Markt-Kommunikation der Unternehmen über klassische
Marktforschung hinaus zusätzlich mit anschwellender Verbrauchermeinung durch Impulse von Digitalmedien auseinandersetzen muss, (Konsumentenrauschen), erreichte einen Wert von 50 Prozent bei der Umfrage. Den demografischen Trend zu mehr alten Menschen und weniger Einwohnern ordnen 49 Prozent als problematisch ein. Werbekosten rangieren dagegen an vorletzter Stelle (46 Prozent). Die zunehmende Menge an Werbeschaltungen in Deutschland (Werberauschen) rangiert auf dem letzten Platz der ausgewählten
Problemfelder.

Die gegenwärtige Lage am Arbeitsmarkt für Werbeberufe beurteilt der ZAW als
gemischt. Zwar sei die Arbeitslosenquote im Oktober weiter auf 4,6 Prozent
gegenüber 5,1 Prozent im Vorjahr gesunken. Auch hätten sich die
Stellenangebote der werbenden Firmen und Medien für Werbefachkräfte beruhigt. Aber die Werbeagenturen hätten erhebliche Probleme, Fachkräfte für den sich rasant aufbauenden Sektor Digital-Kommunikation zu finden.

Der ZAW weist in diesem Zusammenhang auch auf den demografischen Trend hin, der die Werbebranche vor generelle Nachwuchsprobleme stelle. So würde es durch rückläufige Einwohneranzahl in Deutschland zu einem schleichenden
Schwund von Arbeitskräften in der gesamten deutschen Wirtschaft kommen. Laut Sachverständigenrat der Bundesregierung schrumpfe die Menge der Erwerbspersonen von heute 43 Millionen auf 31 Millionen bis 2060. Der
Wettbewerb um Nachwuchs werde alle Sektoren der Privatwirtschaft und des
Staates erfassen. "Personalpolitik gehört jetzt für die Werbebranche ganz
nach oben", sagte der ZAW-Sprecher.

Nach Erhebungen der Dachorganisation sind gegenwärtig in der Werbewirtschaft 913.500 Personen beschäftigt. Davon arbeiten im Kernbereich der Branche rund 136.000 in der Werbegestaltung, 37.000 bei den Auftraggebern von Werbung und knapp 15.000 in der Verbreitung von Werbemittel wie Verlagen, Funkmedien und Unternehmen der Außenwerbung.