Online-Zeitungen: Zweifelhafte PR-Videos neben redaktionellen Inhalten?

Nicht schön

Viele norddeutsche Regionalzeitungen unterhalten inzwischen eigene Onlineauftritte, auf denen neben den rein journalistischen Artikeln immer öfter Videobeiträge zu sehen sind. Sie werden zum Teil - über lokale Ereignisse - von den multimedial arbeitenden Redakteuren selbst hergestellt, zum Teil aber auch im Paket von der OMS ( Online Marketing Service GmbH) zugeliefert.

Dieser Generalanbieter und Vermarkter von Videobeiträgen, zu dem sich 38 deutsche Verlage zusammengeschlossen haben, ist bei seiner Videoauswahl laut dem NDR Medienmagazin Zapp "offenbar wenig zimperlich". Nach Recherchen des Medienmagazins sei der Unterschied zwischen den oft einseitigen, sehr werblichen Service-Beiträgen z.B. über Bücher, Entertainment oder Autos und den nach journalistischen Kriterien erstellten Videos für den normalen Webseiten-Nutzer kaum zu erkennen. 

Eine Kennzeichnung wie "Anzeige", "Werbung" oder "Quelle: Firmenvideo" fehle in vielen Fällen, auch wenn z.B. in den Auto-Beiträgen plötzlich hochwertige Film-Aufnahmen aus einem Hubschrauber auftauchen, die - schon aus ökonomischen Gründen - meist von den PR-Abteilungen der Autokonzerne selbst stammen. 

Einige Verlage zeigen sich einsichtig, bei den Zeitungen selbst beginnt man das Problem wahrzunehmen. Horst Seidenfaden, Chefredakteur der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen: "Ich weiß, dass das im Prinzip so eine Grauzone ist zwischen reiner Vermarktung und durchaus professionell gemachten Videos." Auch die Anzeigenabteilungen der Verlage stellen inzwischen eigene "Unternehmensporträts" über Firmen aus der Region in Videoform her, die auf den Internetseiten meist ungekennzeichnet direkt neben dem journalistischen Angebot stehen.

Stephan Richter von der Medienholding Nord, zu der 31 Pressetitel in Norddeutschland gehören, dazu selbstkritisch: "Am Ende wünschte ich mir, dass im Onlinebereich eine Ausdifferenzierung stattfindet, wo man am Ende wie im Fernsehen sagt, das sind die Werbeblocks und das sind entsprechend andere redaktionelle Inhalte. Das ist heute auf den meisten Onlineseiten, die ich kenne, eben nicht so ausdifferenziert."

Zu den zugelieferten Videopaketen der OMS sagte er gegenüber Zapp: "Wir bewegen uns hier eindeutig in einer Grauzone, das will ich gerne zugeben. Weil wir am Ende nicht die einzelnen Videos prüfen können, auch nicht prüfen. Das heißt, wir geben hier ein Stück journalistische Steuerung aus der Hand und müssen uns auf die Zulieferer verlassen." 

Der PR-Experte Prof. Lars Rademacher von der Makromedia Hochschule für Medien und Kommunikation München sieht in diesem Online-Fernsehangebot eine bedenkliche Entwicklung. "Wenn zwischen Werbung und Programm keine klare Grenze mehr verläuft, dann wird der Zuschauer anfangen, dem Journalismus zu misstrauen ... und daran kann auch die PR kein Interesse haben."