Amnesty International kritisiert Doppelmoral vieler Staaten

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"2011 war ein außergewöhnliches Jahr, weil weltweit unzählige Menschen auf die Straße gingen, um ihre Rechte einzufordern", sagte Wolfgang Grenz, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, bei der Vorstellung des Jahresberichts der Menschenrechtsorganisation.

Die weltweiten Proteste, oft inspiriert vom "Arabischen Frühling" würden Hoffnung auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage machden. Amnesty International beleuchtet in seinem Report die Menschenrechtslage des vergangenen Jahres in 155 Ländern. In 101 Staaten dokumentierte die Organisation Folter und Misshandlung durch die Sicherheitskräfte sowie in 91 Staaten Einschränkungen der Meinungsfreiheit.

Grenz hob auch die Missachtung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Aserbaidschan hervor: "In dem Land, in dem am kommenden Samstag das Finale des Eurovision Song Contests stattfinden wird, sitzen nach wie vor 17 gewaltlose politische Gefangene in Haft. Der Contest muss genutzt werden, um Druck auszuüben und ihre Freilassung zu erreichen. Die Ausrichter von Großveranstaltungen wie dem ESC oder auch der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine dürfen nicht zur Verletzung grundlegender Menschenrechte schweigen."

Eine negative Entwicklung stellt Amnesty in China fest. "Aus Angst vor einem Überschwappen des 'Arabischen Frühlings' startete die chinesische Regierung im Februar 2011 eine der schlimmsten Repressionswellen seit den Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989", so Grenz.

Positiv bewertet Amnesty dagegen die Entwicklung im Nachbarland Myanmar. Dort kamen Hunderte gewaltlose politische Gefangene frei und die strenge Pressezensur wurde gelockert. Allerdings seien noch nicht alle politischen Gefangenen frei und die Verfassung garantiere den Mitgliedern der früheren Armeeregierung Straffreiheit.

Fortschritte sieht die Organisation auch bei der Abschaffung der Todesstrafe. So haben 2011 Benin, Ghana, Nigeria und Sierra Leone wichtige Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe unternommen. Im US-Bundesstaat Oregon stoppte der Gouverneur alle Hinrichtungen, der Bundesstaat Illinois schafft die Todesstrafe ganz ab.

Scharf kritisierte Amnesty International die Doppelmoral vieler Staaten. "Auch Regierungen, die sich den Schutz der Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben haben, verlieren diese schnell aus den Augen, wenn geostrategische oder wirtschaftliche Interessen im Spiel sind. Besonders deutlich wird das beim internationalen Waffenhandel", so Grenz. Auch Deutschland habe in den vergangenen Jahren Waffen nach Ägypten, Libyen, Bahrain oder Jemen geliefert, obwohl schon damals abzusehen war, dass diese auch zur Unterdrückung von friedlichen Protesten eingesetzt werden.