Digitale Demenz oder: Wie viel ist 19 x 100?

Kommentar

Ich muss zugeben. Noch vor einer Woche kannte ich nicht einmal den Begriff "Digitale Demenz". Durch einen Zufall bekam ich dann einen Artikel in die Hände, der mir das Thema erstmals näherbrachte.

Als Mann des Internets fing ich schnell an, mich für das Thema zu interessieren. Die These: Durch die modernen Medien lagern immer Menschen früher übliche Denktätigkeiten aus ihrem Hirn aus auf die modernen Medien Computer, Handy, Smartphone etc. Die Synapsen, die angeblich wie Muskel funktionieren, verkümmern deshalb nach und nach und im schlimmsten Fall wird die betroffene Person digital dement. 

Als Paradebeispiel wird hier der Niedergang des Orientierungssinns aufgeführt. Die ständige Nutzung des Navis im Auto ("Mann fährt in die Elbe - Navi schuld!") oder von Google Maps zertört sozusagen nach und nach die entsprechenden Hirnmuskeln, so dass der dann schließlich digital Demente ohne technische Hilfsmittel nicht mehr in den nächsten Block oder zur Oma im nächsten Dorf findet und trotz Live-Sonnenauf- oder Sonneruntergang keinen blassen Schimmer davon hat, wo Osten oder Westen ist. 

Wie gesagt, aktuell nur eine These, die manche Vertreter leider emotional stark überzeichnen, aber gefühlter Fakt ist leider trotzdem, dass bei gleichzeitig kontinuierlich steigender Mediennutzung der jüngeren Generationen manche elementare Fähigkeiten bei diesen scheinbar doch abnimmt. So durfte ich unfreiwillig dem Gespräch zweier Männer zwischen 20 und 30 Jahren zuhören, die - scheinbar in ein Geschäftsgespräch vertieft - plötzlich zu einer "echten" Aufgabenstellung kamen: "Wie viel ist 19 x 100?" fragte der einen den anderen. Dieser antwortete nicht, also fragte der eine nochmals. Als der andere wieder nicht antwortete (ich denke, er kannte die Antwort nicht und wollte sich nicht blamieren), holte der Frager schließlich sein Handy heraus, um die hirnspezifisch nicht mehr lösbare Aufgabe durch das technische Hilfsgerät endlich zu bewältigen. Ich konnte die schlimme Szene nicht mehr ertragen und erlöste den Frager, indem ich ihm das Ergebnis nannte - ohne Hilfsmittel. Ich war schockiert, die beiden nicht. Vielleicht sollte man das Thema digitale Demenz doch ernster nehmen?

P.S. Ich halte mich für mathematisch unterdurchschnittlich befähigt, bin aber 49 Jahre alt und durfte die revolutionäre Transformation vom Kopfrechnen zu Texas Instruments im Mathematik-Unterricht miterleben.