TV-Tipp: Leben mit der Pleite

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Ungebremster Konsum, Arbeitslosigkeit, Steuerschulden oder blindes Vertrauen - Wege in den finanziellen Ruin gibt es viele. Über 100.000 Deutsche mussten im Jahr 2011 Privatinsolvenz anmelden*.

Doch wie lebt man im Kampf gegen eine erdrückende Schuldenlast? Und wie gelingt der Neuanfang nach dem finanziellen Totalabsturz? In der vierstündigen großen Samstags-Dokumentation "Leben mit der Pleite: Ende oder Wende?" (am 17. November um 20:15 Uhr bei VOX) begleitet SPIEGEL TV Schuldner und Gläubiger, Gerichtsvollzieher und Gepfändete.

Zu Wort kommen unter anderem die Finanzexperten Anja Kohl und Dirk Müller, die Vizepräsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen Marion Kremer sowie Deutschlands berühmtester "Steuerfahnder", der Finanzkabarettist Chin Meyer. Über ihre ganz persönliche Finanzkrise sprechen außerdem TV-Moderator Carlo von Tiedemann sowie Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel.

Claudia V. teilt das Schicksal von vielen Deutschen: sie geriet von heute auf morgen in größte finanzielle Probleme. Die Büroangestellte bürgte für einen Kredit ihres Ehemanns - als die Beziehung in die Brüche ging, war sie mit zwei kleinen Kindern und einem Schuldenberg in Höhe von mehr als einer halben Million Euro plötzlich auf sich allein gestellt. Der einzige Ausweg: Privatinsolvenz. Über Jahre stand Claudia V. nur ein minimaler Geldbetrag für sich und ihre Kinder zur Verfügung - der Rest ihres Gehalts wurde direkt gepfändet. "Da war ein Geburtstagsgeschenk, für das im Kollegenkreis gesammelt wurde, und die Kollegin bat mich, auch etwas dazu zu tun. Ich bin in Tränen ausgebrochen, als ich sagen musste: Ich habe nichts!", so die Büroangestellte.

Sparexpertin Yvonne Willicks weiß aus jahrelanger Erfahrung: "Finanzielle Probleme können einen genauso treffen wie gesundheitliche Probleme: ganz plötzlich. Und es kann jeden treffen." Viele Deutsche leben auf Pump - einfache Kredite und Ratenkauf machen es möglich. "Unser Finanzsystem ist eigentlich pervers. Es lebt davon, dass ständig neue Schulden gemacht werden", meint Börsenexperte Dirk Müller.

Wer nicht zahlen kann oder will, bekommt es mit ihm zu tun: Obergerichtsvollzieher Hans Siegel. Rund fünfzig Vollstreckungen führt Siegel als verlängerter Arm der Gläubiger pro Woche durch. Viele Kreditnehmer verdrängen ihre Geldprobleme so lange, bis Siegel vor der Tür steht. Die Unberechenbarkeit der Schuldner macht den Beruf des Gerichtsvollziehers oft gefährlich. "Es kommen immer wieder Kollegen zu Schaden - sei es, dass der Schuldner geschossen hat oder die Türklinke unter Strom gesetzt wurde", so Hans Siegel. Seit 30 Jahren wandelt der Gerichtsvollzieher auf dem schmalen Grat zwischen beruflicher Verpflichtung und menschlichem Mitgefühl.

Auch bei gut verdienenden Prominenten schlägt der Pleitegeier zu. Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel hat die Höhen und Tiefen des Showgeschäfts am eigenen Leib kennengelernt. Von seiner ersten Gage kaufte er sich einen Jaguar und eine Harley Davidson, er bezog eine 10-Zimmer-Wohnung am Berliner Ku'damm. Bei der Verwaltung seines Vermögens verlor er den Überblick, vertraute falschen Beratern, investierte Millionen, ohne genauer nachzufragen. Dann der Tiefpunkt seines Lebens: "Ich bin pleitegegangen mit 10 Millionen Mark - Ich habe keine Sekunde geglaubt, da jemals wieder rauszukommen." Nur mühsam gelang Gunter Gabriel der Neuanfang.

Ein ähnliches Schicksal von Absturz und Comeback erlebte TV-Moderator Carlo von Tiedemann. Rund 350.000 Euro Schulden, Alkohol und falsche Freunde führten ihn in eine Lebenskrise. Sein Schwiegervater wurde zum "Finanzchef" - und gab dem Entertainer 400 Euro Taschengeld im Monat. Nur mit viel Selbstdisziplin und persönlicher Stärke konnte Carlo von Tiedemann den Kampf gegen die Schulden gewinnen.

Nicht nur Privatpersonen, auch der deutsche Staat ist hoch verschuldet. Bund, Länder und Gemeinden stehen mit zwei Billionen Euro in der Kreide. In den deutschen Kommunen ist die finanzielle Situation dabei besonders dramatisch. In Nordrhein-Westfalen arbeitet jede dritte Gemeinde mit einem Nothaushalt. Auch Duisburg ist hoch verschuldet. In der Großstadt im Ruhrgebiet fehlt das Geld an allen Ecken und Enden, Schulen, Schwimmbäder und Bibliotheken müssen mit massiven Einsparungen zurechtkommen. Andreas G. leitet seit 16 Jahren eine Grundschule im Duisburger Süden. In der Turnhalle der Schule haben sich mehrere Wasserschäden in der Decke verewigt, Löcher in der Wand flickt der Hausmeister notdürftig. Auch der Hallenboden führt mittlerweile ein Eigenleben: An vielen Stellen ist die Dämmung gebrochen, das Parkett gibt nach wie eine Gummimatte. "Wir haben seit 2006 Briefe an die Stadt geschrieben und auf die Problematik aufmerksam gemacht. Warum es nicht gemacht wird, kann ich nicht sagen, ich denke es liegt am Geld", so der Schulleiter.

Die große Samstags-Dokumentation "Leben mit der Pleite: Ende oder Wende?" am 17. November um 20:15 Uhr bei VOX.


*Quelle: Statistisches Bundesamt