Das versteckte Kind – eine Graphic Novel gegen das Vergessen

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Alles scheint wie immer, die Veränderungen kommen schleichend, kaum bemerkbar. Doch dann ändert sich der Alltag des Mädchens Dounia abrupt und radikal, als ihre Eltern ihr einen gelben "Sheriffstern" auf den Mantel nähen.

Erst am nächsten Tag in der Schule wird ihr bewusst, dass die scheinbare Auszeichnung sie für alle sichtbar als Jüdin brandmarkt – ihre Mitschüler wenden sich von ihr ab, die Lehrer ignorieren sie. Doch das ist erst der Anfang. Mit "Das versteckte Kind" von Marc Lizano und Loïc Dauvillier hat Panini Comics eine eindringliche und gleichzeitig mit so viel Gefühl erzählte Graphic Novel veröffentlicht, deren Ziel es ist, gegen das Vergessen anzugehen ohne den Zeigefinger dafür zu benutzen.

In der Umsetzung als Graphic Novel offenbaren sich dabei Möglichkeiten, mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges so umzugehen, dass der Stoff speziell für die junge Generation verständlich wird. Als Dounia die Ereignisse aus ihrer Jugend in einer schlaflosen Nacht ihrer Enkelin Elsa erzählt, ist diese gerade so alt wie sie damals war, als ihre Eltern ihr den gelben Stern anhefteten, den sie ihr zu Beginn noch als Sheriffstern zu verkaufen versuchten. Die Wahrheit zeigt sich schnell, als Dounia auf dem Schulhof, gemeinsam mit den anderen jüdischen Kindern, zunehmend isoliert wird und sich das Verhalten der Lehrer ihnen gegenüber ändert. Beschimpfungen werden zur Normalität und ihr Vater verliert seine Arbeit, aber die Familie hält eng zusammen. Doch eines Abends pocht es an der Wohnungstür und Dounias Eltern können sie gerade noch im Kleiderschrank in einem Koffer verstecken, ehe sie deportiert werden. Stunden später nimmt sich eine Nachbarin des verstörten Mädchens an. Es ist das Ende einer bis dato unbeschwerten Kindheit. Fortan muss sich Dounia an ein neues Leben gewöhnen, ein Leben auf der Flucht, voller Angst und banger Ungewissheit. Das Leben eines versteckten Kindes.

Der historische Hintergrund: Bereits im Jahr 1940 veranlasste die französische Regierung in Vichy unter der Führung von Philippe Pétain eine Ausgrenzung der Juden und verbot ihnen fast jegliche berufliche Tätigkeit. Jüdische Kinder und ihre Eltern dürften nicht mehr in öffentliche Parks, in Schwimmbäder, ins Kino, nicht einmal das Recht, sich ein Haustier zu halten, hatten sie noch. Im Sommer 1942 kam es schließlich zu einer Massenfestnahme von Juden. Nur Dank der Solidarität einiger Mitmenschen mit viel Zivilcourage – Verwandte, Widerstandskämpfer oder Freunde –, die sich um Kinder wie Dounia kümmerten, konnten viele Mädchen und Jungen gerettet werden.

Zeichner Marc Lizano und Autor Loïc Dauvillier haben Das versteckte Kind – exemplarisch für viele Kinderschicksale aus dieser Zeit – aus Elementen verschiedener überlieferter Geschichten so zusammengesetzt, dass dieses Werk eine klare Empfehlung ist. DAS VERSTECKTE KIND HC | 84 Seiten | 16,99 Euro | ISBN: 978-3-86201-774-4