Petition zur Streichung des "Gotteslästerungsparagraphen" gestartet

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Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat die Petition zur Streichung des sogenannten "Gotteslästerungsparagraphen" 166 StGB auf seiner Internetseite veröffentlicht.

Der Paragraph bedroht Journalisten, Satiriker sowie Künstlerinnen und Künstler mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren, wenn sie in ihren Werken religiöse oder weltanschauliche Bekenntnisse in einer Weise "beschimpfen", die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden.

Die Petition kann ab sofort hier unterzeichnet werden. Die Zeichnungsfrist endet am 17. Februar. Der deutsche Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Michael Schmidt-Salomon hat die Petition bereits am 8. Februar als Reaktion auf den Anschlag auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" eingereicht.

"Ich denke, dass der Gesetzgeber in der gegenwärtigen Situation unmissverständlich klarstellen muss, dass er die Freiheit der Kunst höher gewichtet als die verletzten Gefühle religiöser Fanatiker", erklärte Schmidt-Salomon dazu am Dienstag am gbs-Stiftungssitz in Oberwesel. "Man muss sich vergegenwärtigen, dass nach deutschem Gesetz die Satiriker von Charlie Hebdo hätten verurteilt werden können, weil ihre Zeichnungen Fundamentalisten dazu animierten, Terrorakte zu begehen. Eine solche Umkehrung des Täter-Opfer-Verhältnisses dürfte es in einem modernen Rechtsstaat nicht geben! Daher haben alle 'Charlie Hebdo'-Solidaritätsbekundungen der Kanzlerin einen faden Beigeschmack, solange § 166 StGB weiterbesteht."

In seiner Stellungnahme wies Schmidt-Salomon darauf hin, dass sich die deutsche Politik an der Seite der Vereinten Nationen schon seit Jahren dafür einsetze, Blasphemie-Gesetze in anderen Ländern abzuschaffen: "Diese Forderung wäre weit glaubwürdiger, wenn Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und § 166 StGB ersatzlos streichen würde." Zwar sei in Deutschland - im Unterschied zu vielen islamischen Ländern - die bloße Kritik oder "Beschimpfung" einer Religion nicht unter Strafe gestellt, sondern nur solche Formen der Kritik, die geeignet seien, den öffentlichen Frieden zu gefährden. "Paradoxerweise aber führt gerade dieser Schutz des öffentlichen Friedens zu einer Gefährdung des öffentlichen Friedens", stellte Schmidt-Salomon fest. "Von seinem Wortlaut her stachelt § 166 die Gläubigen nämlich dazu an, militant gegen satirische Kunst vorzugehen. Denn nur so können sie zeigen, dass durch die vorgebliche Verletzung ihrer religiösen Gefühle der öffentliche Friede gefährdet ist."