Buchkritik: Die Wurzeln des Dchihad-Terrors?

Kommentar

Der globalisierte Terrorismus ist kein neues Phänomen. Neu ist für viele Fachleute, dass Terrorismus und Dschihadismus sich mit dem Todeswunsch des Attentäters verbinden. Der Islamismus-Experte Olivier Roy warnt aber davor, ...

Der globalisierte Terrorismus ist kein neues Phänomen. Neu ist, dass Terrorismus und Dschihadismus sich mit dem Todeswunsch des Attentäters verbinden. Der Islamismus-Experte Olivier Roy warnt in seinem neuen Buch "Ihr liebt das Leben, wir leben den Tod - Der Dschihad und die Wurzeln des Terrors" aber davor, die Ursachen des Dschihadismus vor allem in einer Radikalisierung des Islam zu sehen.

Nicht die Religion sei es seiner Meinung nach, die die meist jungen Männer anfeuert: Ihre Hinwendung zum Terrorismus sei vor allem Ausdruck einer ausgeprägten Todessehnsucht. Diese Beziehung zum Tod gehe mit einer weiteren Besonderheit einher: Die Attentate werden verübt, um bewusst einen Bruch mit der Elterngeneration herbeizuführen.

Religion diene den Dschihadisten dabei zur Bemäntelung ihrer Motive, denn nur würden sie ihren Nihilismus in die Verheißung des Paradieses umdeuten können. Roy widerspricht damit all jenen, die den Terrorismus als eine Folge religiösen Wahns oder sozialer Missstände begreifen. Und weiter: "Nicht nur die Immigration oder Globalisierung ist die Ursache dieser Dekulturation. Auch die Säkularisierung gehört dazu. In europäischen Gesellschaften ist das unmittelbare Verständnis von Religion weitgehend verloren gegangen ..." Läizität und Fundamentatlismus sind für Roy zwei Produkte der Säkularisierung und Dekulturierung des Religiösen. Ich stimme Olivier Roy beim letzten Punkt nicht zu: Der Fundamentalismus hat als zeitgenössische religiöse Form der Diktatur als klares Feindbild die Trennung zwischen Staat und Kirche im Wappen, also auch aller Basisbegrifflichkeiten wie Läizität oder Säkularisierung. Hier Ursache und Wirkung zu vermischen oder gar zu verwechseln, mag als Thema für einen wissenschaftlich Diskurs legitim sein, aber in der Form des vorliegenden Textes von Roy nur bedingt hilfreich zur Einordnung und Erklärung. Natürlich haben aufgeklärte Demokraten eine grundlegend andere Auffassung von der Rolle der Religion als ein radikaler IS-Selbstmordattentäter.

Wenn man über die Gründe für Massenmorde und religiöse Motive in unserer heutigen Zeit nachdenken will, ist man beim Buch "Helden" von Franco "Bifo" Beradi eigentlich besser aufgehoben. Der Grund: Es beginnt nicht mit wie Roys Werk der Theorie, sondern der Empirie und leitet dann erst Thesen daraus ab. So oder so, die Wurzeln des Dchihad-Terrors hat Roy damit nicht gefunden ...

ohb