Mauretanien: Todesstrafe gegen Blogger wegen eines vermeintlich islamkritischen Blogeintrags?

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Reporter ohne Grenzen (ROG) appelliert an Mauretaniens Oberstes Gericht, die Todesstrafe für den Blogger Mohamed Cheikh Ould M'Kheitir aufzuheben. Der seit drei Jahren inhaftierte M'Kheitir wurde Ende 2014 wegen eines vermeintlich islamkritischen Blogeintrags zum Tode verurteilt.

Ein Berufungsgericht befand ihn inzwischen des Abfalls vom Glauben (Apostasie) für schuldig. Laut Medienberichten will der Oberste Gerichtshof in den kommenden Tagen über den Fall beraten und am 31. Januar das endgültige Urteil verkünden."Mohamed Cheikh Ould M'Kheitir droht die Hinrichtung, weil er das Kastensystem in Mauretanien kritisiert hat", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Kritik an sozialen Missständen darf nicht unter dem Vorwand der Religion verfolgt werden.

Mauretaniens oberste Richter müssen die Todesstrafe gegen M'Kheitir aufheben und den Blogger von allen Vorwürfen freisprechen."M'Kheitir hatte einen anonymen Blogpost mit dem Titel "Religion, Religiosität und Handwerk" auf der Webseite Aqlame veröffentlicht. In dem Artikel kritisierte er die religiöse Legitimation des mauretanischen Kastensystems und bezog sich dabei auch auf eine Überlieferung über das Leben des islamischen Propheten Mohammed. Obwohl die Webseite den Blogpost nach kurzer Zeit löschte, wurde M'Kheitir am 2. Januar 2014 in der ostmauretanischen Hafenstadt Nouadhibou festgenommen und ist seitdem in Haft. Die Behörden begründeten seine Festnahme damit, dass M'Kheitir "respektlose Kommentare über den Propheten" gemacht und damit die "göttliche Ordnung" in Frage gestellt habe. Am 24. Dezember (!!!) 2014 wurde er nach einem zweitägigen Prozess wegen Prophetenbeleidigung und Heuchelei zum Tode verurteilt

Während des Gerichtsprozesses betonte M'Kheitir, er habe niemals das Ansehen des Propheten beleidigen, sondern lediglich auf soziale Missstände aufmerksam machen wollen. In dem Blogpost hatte er die Benachteiligung der Kaste der Schmiede kritisiert, der er selbst angehört. Nach mauretanischem Recht können Abtrünnige vom Islam innerhalb von drei Tagen ihre Reue bekunden und zum Glauben zurückkehren. M'Kheitir betonte seine Treue zum Islam in Haft und vor Gericht mehrfach und sagte, der Artikel sei ein Fehler gewesen. Dennoch verurteilte das Gericht den Blogger in erster Instanz wegen Heuchelei, weil seine Reue nicht aufrichtig gewesen sei. Ein Berufungsgericht urteilte dagegen am 21. April 2016, der ursprüngliche Vorwurf der Apostasie sei berechtigt.

Sollte die Todesstrafe nun bestätigt und vollstreckt werden, wäre dies die erste Hinrichtung in Mauretanien seit 1987 und das erste Todesurteil wegen Apostasie seit der Unabhängigkeit 1960. Der Blogpost hatte schon kurz nach seiner Veröffentlichung wütende Proteste im ganzen Land ausgelöst. Eine Vereinigung von Predigern und Islamgelehrten forderte in einem religiösen Rechtsgutachten die Todesstrafe "entsprechend dem Gesetz Gottes". Familienmitglieder und Unterstützer M'Kheitirs sehen sich bis heute Todesdrohungen ausgesetzt. Seine Eltern beantragten vergangenen Monat politisches Asyl in Frankreich. Drei seiner Anwälte legten den Fall wegen Morddrohungen nieder.Nach Angaben seines aktuellen Anwalts wurde M'Kheitir in Haft gefoltert. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich stetig. Die US-Organisation Freedom Now erklärte, er sei an Malaria erkrankt. Mehrfach habe man ihn in der Haft bedroht oder unter anderem durch vergiftetes Essen versucht, ihn zu ermorden. In den vergangenen Monaten mobilisierten islamistische Bewegungen tausende Demonstranten, die die Vollstreckung der Todesstrafe fordern.