Angriffe auf Kriegsberichterstatter dürfen nicht ungestraft bleiben

Nicht schön

Am 26. Juli 1991 wurde Egon Scotland, Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, in Kroatien von Scharfschützen ermordet. Der Tod des 42-jährigen deutschen Journalisten im Jugoslawien-Krieg war Anlass zur Gründung der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (ROG) sowie des Vereins Journalisten helfen Journalisten (JhJ).

Anlässlich des diesjährigen 20. Todestages von Scotland erinnern beide Organisationen an das Schicksal zahlreicher Journalisten, die während ihrer Arbeit in Regionen mit bewaffneten Konflikten getötet werden.

Der völkerrechtliche Schutz von Kriegs- und Krisenberichterstattern hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar formal deutlich verbessert. Die Gefahren für die Journalisten haben sich aber nicht verringert. So ist fast die Hälfte der in diesem Jahr bislang getöteten 33 Medienmitarbeiter in Kriegs- und Konfliktgebieten ums Leben gekommen. Nach wie vor respektieren viele Konfliktparteien nicht, dass Journalisten in Kriegen den gleichen Schutz wie Zivilisten genießen. Ein Hauptproblem dabei ist, dass die meisten Verbrechen gegen Journalisten nicht geahndet werden.

 „Der Tod von Scotland führte der deutschen Öffentlichkeit drastisch eine Wirklichkeit vor Augen, die wir heute in Ländern wie Libyen oder Somalia täglich erleben: Es gibt schon lange keine ‚Unbeteiligten‘ in Kriegen mehr. Journalisten und Zivilisten werden Opfer gezielter Todesschüsse“, so Carl Wilhelm Macke, JhJ-Vorstandsmitglied.

Scotland war einer der ersten von mehr als 40 Berichterstattern, die im Jugoslawien-Krieg getötet wurden. Nach dem SZ-Reporter sind bis heute weltweit weitere elf deutsche Journalisten in Konfliktregionen ums Leben gekommen.

In Gebieten mit bewaffneten Kämpfen ist es für Journalistinnen und Journalisten in den vergangenen Jahrzehnten schwieriger geworden, zu berichten. Ihre Neutralität wird zunehmend missachtet. Eine Ursache dafür ist: In viele Auseinandersetzungen von heute sind irreguläre Truppen oder terroristische Gruppen involviert, die völkerrechtliche Schutzklauseln ignorieren und die Ermordung und Entführung von Journalisten sogar als legitimes Mittel betrachten.

Zudem haben sich viele Konflikte zu Kämpfen um Informationen entwickelt, die Kontrolle über Nachrichten zu einem strategischen Ziel von Armeen und Milizen.

„Konfliktparteien machen Berichterstatter bewusst zum Ziel von Angriffen oder Geiselnahmen: damit bestimmte Diskussionen und Meinungen nicht mehr den Weg in die Öffentlichkeit finden, unerwünschte ausländische Beobachter das Land verlassen oder um sich Lösegeld zu beschaffen und politische Forderungen durchzusetzen“, so Michael Rediske, ROG-Vorstandssprecher.
 
ROG und JhJ kritisieren die mangelnde Aufklärung der in Kriegs- und Konfliktgebieten begangenen Morde und anderer Verbrechen an Medienvertretern. Die meisten Täter gingen straffrei aus. Nur wenn den Verantwortlichen Strafen drohten, könnten Angriffe gegen Journalisten wirksam verhindert werden, mahnen die Organisationen.

Weitere Informationen zum Tod von Egon Scotland lesen Sie hier.

Eine Liste der seit Juli 1991 getöteten deutschen Journalisten finden Sie hier.