"Austrocknung der spärlichen Reste von Pressefreiheit in der Türkei"

Nicht schön

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Bundesregierung auf, sich öffentlich klar gegen die Festnahme des aktuellen Chefredakteurs von Cumhuriyet und seiner Mitarbeiter in der Türkei zu positionieren und für ihre Freilassung einzusetzen.

„Die erneuten Festnahmen von Journalisten sind ein weiterer Schritt zur Austrocknung der spärlichen Reste von Pressefreiheit in der Türkei, da kann die Politik nicht einfach zuschauen“, betonte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Über 160 Medien sind in der Türkei bereits lahmgelegt.

Seit dem Putschversuch im Sommer haben tausende Journalisten ihren Job verloren, etliche wurden inhaftiert. Für Frank Überall ist klar: „Nachdem der Versuch gescheitert ist, Cumhuriyet als Gülen-nahes Medium einzustufen, versucht man jetzt offenbar, die Zeitung so auszuschalten.“ Das Blatt war erst kürzlich mit dem "Alternativen Nobelpreis" ausgezeichnet worden.

Auch der ehemalige Chefredakteur der Cumhuriyet Can Dündar war gemeinsam mit seinem Kollegen Erdem Gül bereits im Februar verhaftet worden ‒ weil die Staatsanwaltschaft Istanbul in der Cumhuriyet-Berichterstattung über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an den IS Spionage sah. Er kam nach einem Urteil der Staatsanwaltschaft vorerst frei und lebt mittlerweile in Deutschland.

Der DJV-Bundesvorsitzende hatte sich im Juli und im Oktober dieses Jahres bei Redaktionen von Oppositionsmedien vor Ort in Istanbul über Einschränkungen der Pressefreiheit informiert. Auch der Redaktion von Cumhuriyet hatte er einen Besuch abgestattet. "Die meisten meiner damaligen Gesprächspartner sind nun arbeitslos oder sitzen im Gefängnis", erläuterte Überall. Er kündigte an, dass sich der Deutsche Journalisten-Verband aus aktuellem Anlass auch auf seinem Verbandstag am Sonntag, 6. November, mit der Pressefreiheit in der Türkei beschäftigen werde.