Werbemarkt: Online-Dienste bringen TV Erfolg

Meldung des Tages

Die anhaltende Konjunktur in Deutschland zieht scheinbar den Werbemarkt mit. Im laufenden Jahr sollen die Betriebsausgaben für Investitionen in Anzeigen und Spots, Prospekte und Plakate um 2,4 Prozent wachsen und damit wieder die erstmals 1998 erreichte Hürde von 30 Mrd. Euro überspringen.

Der Optimismus basiert auf der Frühjahrsumfrage des Zentralverbands der
deutschen Werbewirtschaft ZAW unter seinen 40 Mitgliedsverbänden sowie auf
den jetzt vorliegenden Ergebnissen der Betriebserhebungen der Werbung
verbreitenden Medien.

Danach sind die Investitionen in Werbung (IiW) 2010 auf 29,53 Mrd. Euro gestiegen, berichtete ZAW-Hauptgeschäftsführer Manfred Parteina in Berlin. Enthalten seien darin Gehälter und Honorare, Kosten für die Werbemittelproduktion sowie für die Verbreitung der Werbebotschaften vor
allem in den Massenmedien.

Zögerliche Kaufneigung

Zur Euphorie sehe er dennoch keinen Anlass. Zwar sei die Wende am Werbemarkt mit einem Plus von 0,69 Mrd. Euro nach dem desaströsen Werbejahr 2009 beachtlich. "Doch damit konnte erst ein Drittel des Investitionsverlustes aus dem Vorjahr in Höhe von 1,83 Mrd. Euro aufgeholt werden", sagte Parteina. Die aktuell anhaltende Konjunktur sei ein Export-Aufschwung. Für weltweit verkaufte deutsche Waren werde im Ausland geworben und kaum in deutschen Medien. Entsprechend gering sei der Effekt auf die nationale Werbebilanz. "Entscheidend ist die Konsumstimmung zu Hause: Zögerliche Kaufneigung zieht zögerliches Werbeverhalten insbesondere der mittelständischen Wirtschaft nach sich", so der ZAW-Hauptgeschäftsführer unter Hinweis auf die schwachen Impulse, die vom privaten Konsum in den
zurückliegenden Jahren ausgingen mit nur +0,5 Prozent in 2010, zuvor -0,2 Prozent, +0,7 Prozent und -0,2 Prozent.

Parteina zeigte für die vorsichtige Werbeplanung der mittelständischen Unternehmen mit ihrem vom ZAW auf zwei Drittel geschätzten Anteil an den Investitionen in Werbung ein gewisses Verständnis: "Ihr monetärer Spielraum ist deutlich geringer als jener von Konzernen, die in der Regel über die Zyklen der Konjunktur hinweg ihre Werbung langfristig planen können." Aber es fehle in mittelständischen Unternehmen auch häufig die Erfahrung im Umgang mit der Werbeetatplanung analog zu den Konjunkturzyklen: Es mache in Abschwungsphasen meistens Sinn, verstärkt in Markt-Kommunikation zu investieren, weil Marktanteile gegenüber der werbepessimistischen Konkurrenz gewonnen werden können. Ebenso verhalte es sich mit der Werbung in Phasen der Konjunktur. "Auch dort gilt die Lebensweisheit: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", so Manfred Parteina.

Es sei kaum davon auszugehen, dass sich die Rahmendaten für den inländischen Konsum wesentlich verbesserten. Parteina nannte als wesentlichen Faktor die realistische Inflationsangst in der Bevölkerung, die als Dominoeffekt der explodierenden Rohstoffpreise mit steigenden Kosten für Benzin, Lebensmittel, Heizöl und Strom rechnen. Hinzu kommen die Alterung der Bevölkerung mit anwachsender konsumrelevanter Altersarmut und die sinkende Anzahl der Bevölkerung - "im Schweif die schrumpfende Anzahl der Mediennutzer, Konsumenten und Steuerzahler", die angesichts eines wachsenden deutschen Schuldenstands von derzeit 2 Billionen Euro kaum gegenfinanziert werden könne.

Als "Gegenmedikament" empfiehlt Parteina die Förderung des werbenden Wettbewerbs anstelle der anhaltenden Bürokratisierung und Behinderung der Konsumenten orientierten Werbung der Unternehmen insbesondere durch dirigistische Eingriffe der Europäischen Union mit ihrem Motor der EU-Kommission.

Jahrbuch 'Werbung in Deutschland'

Aus dem von Parteina in Berlin vorgestellten Jahrbuch 'Werbung in Deutschland' geht hervor, dass die 13 vom ZAW statistisch erfassten Medien als Werbung verbreitende Träger 2010 netto (ohne Rabatte und Mittlergebühren) insgesamt 18,75 Mrd. Euro von den gesamten 29,53 Mrd. Euro Investitionen in Werbung und damit +2,1 Prozent für sich verbuchen konnten. Im volkswirtschaftlichen Krisenjahr 2009 waren sie noch um drastische 9,8 Prozent auf 18,37 Mrd. Euro gefallen - ein Verlust von fast 2 Mrd. Euro, von dem fast alle Medien betroffen waren. Der ökonomische Wiederaufbau in 2010 bilanziert sich nun in einem Netto-Plus im Werbegeschäft von 0,381 Mrd. Euro.

Online-Dienste bringen TV Erfolg

Beim Vergleich der Höhe der Netto-Werbeumsätze hat es an der Spitze der monetären Rangliste einen Wechsel gegeben: Erstmals erreichten die Fernsehsender die höchsten Einnahmen aus Werbeschaltungen mit 3,95 Mrd. Euro - ein Plus von 8,6 Prozent oder 0,314 Mrd. Euro. Damit konnten die Sender den Vorjahresverlust von 0,396 Mrd. Euro (-9,8 Prozent) fast wieder ausgleichen. Bemerkenswert: Zu dem Erfolg beigetragen haben insbesondere die im Massenmedium TV werbenden Online-Dienste mit einer Steigerungsrate bei ihren Spotschaltungen von 64 Prozent und der Position 4 der werbestärksten Branchen im Fernsehen - nach Süßwaren, Pkw und Arzneimitteln. Auch die Mobilnetze (Position 6) und der E-Commerce (9) sind zu bedeutenden Werbeinvestoren aufgestiegen, was zu der Erkenntnis führt: Das Internet stabilisiert das Werbegeschäft des Fernsehens.

Die monetär zweitplatzierte Werbeträgergruppe der Tageszeitungen konnte ihr Werbegeschäft mit Blick auf den dramatischen Vorjahresverlust von -15,5 Prozent gleichfalls stabilisieren. Die Netto-Werbeumsätze kamen auf 3,64 Mrd. Euro, ein nur noch geringes Minus von 1,5 Prozent. Angesichts der enorm gefallenen Werbeeinnahmen des Jahres 2009 um 0,679 Mrd. Euro und der wenn auch deutlich gestoppten Talfahrt im Jahr 2010 mit -0,057 Mrd. Euro ist der Wechsel des bisher unangefochtenen monetär stärksten Werbeträgers Tageszeitung auf Platz zwei nachvollziehbar. Ursache der Verluste war insbesondere die punktuelle Werbezurückhaltung von Handelsgruppen (-3,3) als stärkste Werbeinvestoren der Tageszeitungen. Aber auch in dieser Mediengattung fällt die zunehmend rege Werbetätigkeit von Online Dienstleistungen auf (+52 Prozent), die bereits Rang 8 der Werbeauftraggeber der Tageszeitungen einnehmen.

Auch der Drittplazierte bei der Höhe der Netto-Streukosten, die Werbung per Post, musste einen erneuten Einnahmerückgang um 3,1 Prozent auf 2,98 Mrd. Euro hinnehmen. Immerhin war der Rückgang um 0,097 Mrd. Euro deutlich geringer als im Jahr zuvor mit -0,211 Mrd. Euro.

Stabile Lage bei den Anzeigenblättern

Ausgeprägt stabil ist die Lage bei den Anzeigenblättern. Sie steigerten ihre Werbeumsätze um 2,3 Prozent auf 2,01 Mrd. Euro (+0,045 Mrd. Euro). Damit konnten sie den Vorjahresverlust (-0,042 Mrd. Euro) komplett ausgleichen und ihre vierte Position der Werbeumsatz-Milliardäre bestätigt sehen.

Eine Wende zum Besseren melden auch die Verlage der Publikumszeitschriften. Sie erreichten erstmals seit Jahren in 2010 wieder ein Wachstum ihres Werbegeschäfts: War es im Jahr zuvor noch heftig um 16,8 Prozent abgerutscht, konnten nun +2,9 Prozent und damit 1,45 Mrd. Euro verbucht werden. Zu dem positiven Ergebnis beigetragen hat intensivierte Werbung bedeutender Werbeinvestoren wie Arzneimittel, Pkw und der Versandhandel.

Nicht so günstig entwickelten sich die Netto-Werbeerlöse der Verzeichnismedien. Ihre Umsätze sanken um 2,5 Prozent auf 1,15 Mrd. Euro, nachdem sie bereits 2009 um 3,3 Prozent im Minus standen.

Die weiteren Werbeträgergruppen lagen 2010 mit ihrem Werbegeschäft unterhalb der Schwelle von einer Milliarde Euro: Online-Angebote 861 Mio. Euro (+12,7 Prozent); Fachzeitschriften 860 Mio. Euro (+1 Prozent); Außenwerbung 766 Mio. Euro (+3,9 Prozent); Hörfunk 692 Mio. Euro (+2 Prozent); Wochenzeitungen 218 Mio. Euro (+4,6 Prozent); Zeitungssupplements 86 Mio. Euro (+4,8 Prozent) und Filmtheater 75 Mio. Euro (+4,1 Prozent).

Die Anteile der Medien am Werbegeschäft zeigen auch 2010 keine gravierenden Veränderungen. An der Spitze steht nun TV mit 21 Prozent Marktanteil (+1 Punkt), während die Tageszeitungen auf Platz zwei mit 19 Prozent rangieren (-1 Punkt). Das zweite Verlustjahr für die Werbung per Post hat zwar nicht die dritte Position gekostet, aber der Marktanteil ist auf 16 Prozent gesunken (-1 Punkt). Rang vier der Anzeigenblätter spiegelt die Kontinuität des Werbegeschäfts mit nun 11 Prozent Anteilen (+1 Punkt) wider. Alle anderen Gattungen erreichten einstellige Marktanteile - die Online- Angebote konnten dabei ihren Wert von 4 auf 5 leicht nach oben schieben.

Aufsteiger Online

Auch wenn der Marktanteil der Online-Werbung mit 5 Prozent und 861 Mio. Euro noch relativ bescheiden ist, demonstriert doch die Wachstumsdynamik des Mediums mehr als nur die Etablierung eines bei werbenden Unternehmen zunehmend geschätzten Kommunikationsinstruments: 2010 wuchsen die Netto Werbeumsätze der Online-Werbung um 12,7 Prozent. Von den anderen Werbeträgergattungen kam lediglich TV mit +8,6 Prozent in die Nähe dieses Auftriebs.