Zuschauerredaktionen der TV-Giganten: E-Mail hin, nichts zurück?

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Besucht man die Webseiten von Fernsehsendern, egal ob ZDF, RTL oder ProSieben, stößt man früher oder später auch auf die so genannten Zuschauerredaktionen. Hier können neugierige oder auch verzweifelte Zuschauer ihre Fragen zum Programm des Senders per E-Mail stellen und sich ausführlich beratschlagen lassen. So heißt es zumindest in der Theorie, doch wie sehen die Antworten der Redaktionen wirklich aus? medienmilch.de hat 17 Sender getestet.

Fast jeder Sender bietet sie an: die Zuschauerredaktion. Dort können Interessenten ihre Fragen zu dem jeweiligen TV-Programm per E-Mail an ihren Fernsehsender schicken oder dort anrufen. Doch wie schnell und umfangreich kommt auf dem Online-Weg so eine Antwort zurück? medienmilch.de hat dafür die bekanntesten öffentlich-rechtlichen und privaten Sender auf die Probe gestellt. Unsere fiktive Testperson war eine ältere Dame namens Ingrid Petersen. Sie war auf der Suche nach TV-Tipps.

Viele Internetseiten der TV-Sender verwiesen als erstes auf ihre Frequently Asked Questions (FAQ), um Dopplungen bei den zu beantwortenden Fragen zu vermeiden. Privatsender ProSieben formulierte es beispielsweise so: "Unsere Zuschauerredaktion erhält im Monat hunderte unterschiedlichsten Fragen rund um die Angebote von ProSieben." Und weiter: "Oft ähneln sich die Fragen, um diese möglichst rasch beantworten zu können, finden sich die häufigsten Fragen gemeinsam mit den entsprechenden Antworten in der Auflistung 'FAQ - Häufige Fragen'".

Sehen wir jetzt, freundlich wie wir nun einmal sind, einfach über den Rechtschreibfehler im ersten Satz dieses netten Hinweises hinweg und kommen zu Frau Petersen zurück. Denn eine alte Frau hat nun einmal keine Lust, stundenlang in den Fragen und Antworten von Anderen zu wühlen, um ihre Frage beantworten zu können. Ingrid weiß schließlich genau: Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten!

Ganz nach diesem Motto schickte die Gute am Montag, dem 16.05.11 in weniger als einer Stunde ihre E-Mail an 17 Fernsehsender, davon waren neun öffentlich-rechtlich und acht privat.

 

Von: "Ingrid Petersen" I.Petersen44@gmx.de

Sehr geehrter Sender (jeweiliger Name des Senders, z.B. ZDF),

mein Name ist Ingrid Petersen. Meine Nichte Leonie und Mein Neffe Julian tun Mich als Oma mit viel Freude besuchen. Aber wie Mein Sohn sagte, wird den Beiden wohl schnell langweilig, wenn ich mal in der Küche beschäftigt bin. Wenn sie sich dann mit Fernsehen die Zeit vertreiben wollen und Ich mit ihnen zusammen das Programm durchgehe, werden Wir uns allerdings jedes Mal nur schwer einig.

Meine Frage an Sie: Wären Sie so lieb und sagen Mir, was die Lütten im Alter von fünf und sieben Jahren gerne anschauen? Strahlen Sie momentan vielleicht ein paar lehrreiche oder unterhaltsame Programme aus, die Sie Mir empfehlen würden?

Mit lieben und gespannten Grüßen

Ingrid Petersen

 

Das Zeitlimit

Was die Sender natürlich nicht wussten: Frau Petersen hat es nicht so mit langem Warten, deshalb gab sie allen Zuschauerredaktionen ein Zeitlimit von einer Woche, um ihr per E-Mail bis zum 23. Mai zu antworten. Aus den Antworten ergab sich folgende Statistik:

 

Die öffentlich-rechtlichen Sender:

 

Die Privatsender:

(Bildquellen: medienmilch.de)

Schluss mit lustig – Die Versuchsauswertung (15.05.-23.05.2011)

Noch am selben Tag des Versuchsstarts fand medienmilch.de drei E-Mails in dem Posteingang von Frau Petersen. Positiv von der schnellen Rückmeldung überrascht, wurde aber schnell klar: Das waren nicht die persönlichen Antworten auf die wir warteten. Bei allen Dreien (Arte, Phoenix, HR) handelte es sich lediglich um automatische Benachrichtigungen, in denen der Zuschauer eine Bestätigung darüber erhielt, dass die versendete Frage bei dem Sender eingegangen war. Solche Nachrichten machen zwar schnell den Posteingang voll, sind unserer Redaktion jedoch positiv aufgefallen. Denn während des Projekts kam bei Sendern, die auch nach längerer Zeit nicht antworteten, immer wieder die Frage auf: Haben wir uns bei einer der beiden E-Mail-Adressen verschrieben? Deshalb kann so eine kurze Rückmeldung, auch wenn sie unpersönlich ist, trotzdem eine beruhigende Wirkung erzielen.

Persönliche Anrede?

Nachdem die ersten "richtigen" Antworten eingegangen waren, konnte die Auswertung beginnen. Als erster Punkt ergab sich die Anrede, von "Hallo" bis "Sehr geehrte" war alles vertreten. Da wollten wir aber nicht so kritisch sein, Hauptsache unser fiktiver Name Ingrid Petersen wurde persönlich angesprochen. Diesen Punkt erfüllten tatsächlich alle Antworten, bis auf eine. Die Rückmeldung von dem Kindersender Nickelodeon  (Nick) enttäuschte hier mit einem einfachen "Hallo,". Zwar wurde am Anfang geschrieben: "Hallo Ingrid, du hast uns eine Frage gestellt und hier unsere Antwort:" Aber dieser Satz scheint in der automatischen Beantwortung inbegriffen zu sein.

Vom Anfang der E-Mail sprangen wir gleich mal zum Ende. Falls noch Fragen offen sein sollten, wäre ein konkreter Ansprechpartner sicher nicht verkehrt gewesen. Erfreulich: Die Mehrzahl gab den Namen eines solchen an. Mit Nickelodeon, Arte und dem Hessischen Rundfunk (HR)verzichteten lediglich drei Sender darauf. Der Informationsgehalt der Rückmeldung: Darunter fallen die Kriterien, ob einzelne Sendungen des Programms genannt werden (bestenfalls mit Uhrzeiten), sollte das Programm des Senders nichts für jüngere Zielgruppen anbieten, können zumindest andere Sender weiter empfohlen und entsprechende Verlinkungen gesetzt werden. Auch wenn man es eigentlich als selbstverständlich ansieht, ist die Freundlichkeit nicht überall auf dem gleichen Niveau gewesen, deshalb haben wir auch hier konkretisiert. Wertet man das Ganze nun aus, ergeben sich hier im Gegensatz zu den Ergebnissen der bisherigen Kriterien starke Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern und den Privatsendern.

Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlich und privat?

Im Durchschnitt antworteten die Öffentlich-rechtlichen deutlich ausführlicher und freundlicher. Dabei schienen sich die Privatsender beinahe angegriffen zu fühlen und wollten jegliche Rechtsirrtümer ihrer "Beratung" aus dem Weg schaffen. Während das ZDF beispielsweise sehr genaue Tipps gab und einzelne Sendungen mit ihren Uhrzeiten vorschlug, sah die Antwort von RTL so aus: "RTL strahlt kein eigenes Kinderprogramm aus und gibt auch keine Empfehlungen für kindgerechte Sendungen aus. Unser Familienprogramm sollten Kinder in der Regel besser mit ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten ansehen, falls es Fragen gibt." Von kabel eins landeten gleich drei E-Mails im Posteingang. Die erste Nachricht war ein relativ ausführlicher Programmhinweis und konnte mit dem Informationsniveau der öffentlich-rechtlichen Sender Maß halten. Das einzige Manko: Viele Rechtschreibfehler. Das muss auch dem Autor aufgefallen sein, denn nur einen Tag darauf folgte folgende Nachricht: "Zuschauerredaktion K1 möchte die Nachricht "Kontaktformular - kabel eins TV - Sonstiges" zurückrufen." Um die gleiche Uhrzeit, am selben Tag traf dann die gleiche E-Mail ohne Rechtschreibfehler bei uns ein. Ein öffentlich-rechtlicher Sender schaffte es wiederum durch eine andere Tatsache aufzufallen: Der Bayrische Rundfunk (BR) umging einfach unseren Posteingang und bahnte sich seinen Weg in den Spamordner. Bei genauerem Nachlesen stellten wir allerdings fest, dass man dem E-Mail-Account keine Vorwürfe machen konnte. Der Inhalt und Informationsgehalt der E-Mail fiel so schmal aus, dass die falsche Einordnung wohl jedem passiert wäre.

Flop: Die Kindersender

Wie die Tabelle weiter zeigt, empfahlen fast alle Sender den Kinderkanal  (KI.KA) als öffentlich-rechtlichen Sender oder Super RTL als privaten Anbieter. Dementsprechend hoch schraubten sich unsere Erwartungen an die Antworten der Beiden und desto enttäuschender waren die Ergebnisse, die uns am Ende des Versuchs vorlagen. Während KI.KA uns lediglich erklärte, wie die Internetseite ihres Senders funktionierte, um sich über das Programm informieren zu können, meldete Super RTL sich gar nicht mehr zurück. So übrigens auch der NDR und RTL 2.

Der Privatsender Nickelodeon reihte in seiner Antwort einfach nur eine Sendung seines Programmes nach der anderen auf, ohne näher auf den Inhalt einzugehen oder die Sendezeit zu erwähnen. Nebenbei wusste die Redaktion scheinbar bei einer Sendung nicht einmal, wie sie richtig geschrieben wird: "Die Pinguine von Madagascar" solle es demnach auf Nickelodeon geben, richtig lautet der Name jedoch "Die Pinguine aus Madagascar". Dieses schöne Beispiel zeigt in etwa, wie hilfreich die TV-Tipps der gesamten Kindersender für unsere ältere Zuschauerin gewesen wären.

Zuschauerredaktionen nutzen – ja oder nein?

Unser Fazit: Wer also wirklich Hilfe bei solchen Zuschauerredaktionen sucht, sollte seine E-Mail entweder sehr konkret formulieren und keine Frage auslassen, oder (was medienmilch.de nach diesem Versuch mehr empfehlen würde) direkt anrufen und seine Fragen stellen. Online wird es die schöneren Antworten vermutlich von den öffentlich-rechtlichen Sendern geben, auch wenn diese sich vielleicht mehr Zeit lassen!

Merle Richter