1.300 Web-TV-Sender, aber Youtube fischt 89 Prozent der User ab

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In Deutschland gibt es derzeit rund 1.300 Web-TV-Sender. Auf den überwiegend kostenfreien Portalen (96 Prozent) werden derzeit täglich 151 Millionen Videos abgerufen. Bis 2015 wird sich diese Zahl auf knapp 390 Millionen fast verdreifachen. Der größte Teil der Nutzung entfällt dabei auf Video-Sharing-Portale wie Youtube.

Um Transparenz in die komplexen Marktstrukturen zu bringen, hat die Berliner Strategieberatung Goldmedia im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien – BLM den Web-TV-Monitor 2010 (www.webtvmonitor.de) erarbeitet. Mit dem Web-TV-Monitor 2010 existiert erstmals eine profunde Marktübersicht zur Verbreitung und Nutzung von Web-TV in Deutschland. Die Analyse basiert auf einer Primärdatenerhebung mittels Befragung aller deutschen Web-TV-Anbieter, die im September 2010 von Goldmedia durchgeführt wurde.

Ergebnis: Der Einsatz von Videos im Internet wird immer mehr zum Standard. Rund zwei Drittel (65 Prozent) aller Internetnutzer rufen heute zumindest gelegentlich Videodateien ab (ARD/ZDF-Onlinestudie 2010). Das hohe Wachstum breitbandiger Internetanschlüsse, geringere Kosten für die Übertragung großer Datenmengen und eine immer bessere Geräteausstattung der Haushalte machen die Nutzung von Web-TV zunehmend einfacher und attraktiver. Hinzu kommen mehr interessante und professionelle Angebote durch sinkende Produktionskosten.

Im Web-TV-Monitor 2010 wurden exakt 1.275 deutsche Web-TV-Sender erfasst. Knapp die Hälfte aller Angebote (47 Prozent) stammt von den klassischen Medien. Die Online-Angebote der Printmedien dominieren dabei mit 26 Prozent. Die Submarken der Fernsehsender (ohne deren Mediatheken und Videocenter) machen 16 Prozent aus, die der Hörfunksender fünf Prozent. Rund ein Drittel aller Angebote (34 Prozent) sind Web-TV-Sender, die ausschließlich für das Internet produziert wurden – sogenannte Internet-Only-Channels.

Zum Web-TV-Universum gehören zudem in der Reihenfolge ihrer Anteile: Corporate-TV und Videoshopping-Portale (8 Prozent), nichtkommerzielle Web-TV-Sender (4 Prozent), Mediatheken und Video-Center (4 Prozent), Video-Sharing-Plattformen (3 Prozent) sowie Kommunikations-Portale (1 Prozent).

Eine ganz andere und nahezu umgekehrte Reihenfolge der Angebotsgruppen ergibt sich bei der Betrachtung unter Nutzungsaspekten. In Deutschland werden derzeit rund 151 Mio. Videos pro Tag abgerufen, das sind 4,7 Mrd. Videos monatlich (Stand: September 2010). Video-Sharing-Plattformen und Anbieter von User-Generated-Content wie Youtube haben mit 89 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Marktanteil. Jenseits dessen sind vor allem die Mediatheken/Videocenter und Submarken der TV-Sender relevant, darunter ARD-Mediathek, ZDF-Mediathek, RTL Now, Maxdome. Diese und auch Kommunikationsportale wie t-online.de, GMX.net, WEB.DE erreichen jeweils rund vier Prozent der Abrufe.

Nach Goldmedia-Prognosen werden die Abrufzahlen pro Jahr um durchschnittlich 21 Prozent steigen und sich bis 2015 auf 388 Millionen erhöhen. Ging das Wachstum bislang vor allem von den Plattformen für User-Generated-Content aus, werden künftig auch die Online-Video-Angebote der TV-Sender mit ihren Premium-Inhalten starke Wachstumsimpulse setzen. Deren qualitativ hochwertigen Inhalte generieren zudem auch längere Nutzungszeiten pro Abruf und sind für den Werbemarkt attraktiver.

Im Vergleich zum klassischen Fernsehen ist die Web-TV-Nutzung derzeit noch gering. Durch attraktivere und vor allem längere Inhalte aber wird die Online-Video-Nutzung zulegen und künftig dem Fernsehnutzungsbudget einige Anteile abnehmen. Web-TV hat wie das klassische Fernsehen seinen Nutzungsschwerpunkt am Abend, beginnt allerdings leicht vor der TV-Prime-Time: Die Hauptnutzungszeit für Web-TV ist 18 bis 21 Uhr.

Der Online-Video-Markt ist heftig in Bewegung. Neben neuen Angeboten der großen internationalen Player wie Google TV, Apple TV oder Amazon stehen auch in Deutschland neue Portale vor dem Start: RTL und ProSiebenSat.1 planen ein deutsches „Hulu“, auch Media Markt, Vodafone und ZDF entwickeln eigene kostenpflichtige Online-Videotheken. Zusätzlich wird Hybrid-TV in den nächsten Jahren deutlich zur Verbreitung von Web-TV-Inhalten beitragen. Für die Erfassung der Web-TV-Angebote im Web-TV-Monitor 2010 hat Goldmedia einheitliche Kriterien definiert: Bei den Portalen handelt es sich um Video-Angebote, die regelmäßig aktualisiert werden, über einen herkömmlichen Web-Browser abrufbar sind, sich an ein deutsches Zielpublikum wenden, ihre Inhalte überwiegend selbst produzieren oder lizenzieren und allen rechtlichen Standards (Urheberrecht, Jugendschutz) entsprechen. Nicht erfasst wurden Plattformen mit vereinzeltem Videoangebot, Link-Aggregatoren, nicht-öffentliches Video-Sharing sowie Portale ohne rechtliche Grundlage in Deutschland.