Produzentenverbände legen Vorschlag für Verhaltenskodex bei Auftragsproduktionen vor

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Vier unabhängige Produzentenverbände in Deutschland, die AG Dokumentarfilm (AG DOK), der film & fernsehproduzentenverband nrw e.v., der Verband Deutscher Filmproduzenten e.V. und der VFFVmedia/Verband der Fernseh-, Film-, Multimedia- und Videowirtschaft e.V., haben den Entwurf eines Verhaltenskodex für die Vergabe von Auftragsproduktionen durch öffentlich-rechtliche TV-Sender in Deutschland vorgelegt.

Mit dem Verhaltenskodex sollen die Anforderungen der EU und des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags zur Marktkonformität der öffentlich-rechtlichen Produktionstöchter gewährleistet und die Basis für einen nachhaltig wettbewerbsfähigen unabhängigen Produktionssektor geschaffen werden. Der Verhaltenskodex orientiert sich an dem in Großbritannien bewährten "Code of Practice" der BBC und wurde an die hiesigen Strukturen und Gegebenheiten angepasst.

Für die vier unabhängigen Produzentenverbände erklärte Gerhard Schmidt, Vorstand des film & fernseh produzentenverbandes nrw e.v.: "Der Kodex soll die Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Anstalten mit eigenen Tochtergesellschaften und unabhängigen Produktionsunternehmen neu und verbindlich regeln. Uns geht es darum, in diesem Bereich Transparenz zu schaffen. Indem die gebührenfinanzierten Anstalten bei der Produktionsvergabe ihre eigenen Tochterunternehmen bevorzugen, beherrschen diese heute in vielen Genres den Produktionsmarkt und verzerren den Wettbewerb massiv. Diese Marktsituation bedroht die Existenz vieler unabhängiger Produktionsunternehmen und Produktionsdienstleister. Damit wird die Vielfalt und Qualität der deutschen Produktionslandschaft ernsthaft gefährdet."Der Erhalt unterschiedlicher inhaltlicher, publizistischer und künstlerischer Handschriften ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit einer Medien-Demokratie. Die Verdrängung der unabhängigen Produktionswirtschaft durch Beteiligungsunternehmen der Sender kann somit auf Dauer auch nicht ohne Auswirkungen auf die Qualität des Programms bleiben.

Gerhard Schmidt weiter: "Die Umsetzung des vorgeschlagenen Kodex würde Fairness und Chancengleichheit für alle Marktteilnehmer schaffen und die Benachteiligung unabhängiger Produktionsunternehmen korrigieren. Wir werden den Sendern Verhandlungen darüber anbieten und zugleich entsprechende Gespräche mit der Medienpolitik führen, um eine Korrektur dieser fortgeschrittenen Fehlentwicklung zu erreichen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Sendern eine transparente, faire und die Wettbewerbsgleichheit fördernde Basis für künftige Auftragsvergaben zu schaffen. Von einem funktionierenden Wettbewerb im Produzentenmarkt können Sender, Zuschauer und Produzenten in gleichem Maße profitieren."

Thomas Frickel, Vorsitzender der AG Dokumentarfilm, erinnert in diesem Zusam-menhang an "die peinliche Kette skandalumwitterter Auftragsvergaben und Bestechungsfälle im Bereich öffentlich-rechtlicher Sender" - die Forderung nach mehr Transparenz sei auch vor diesem Hintergrund dringend geboten. Schließlich gehe es hier um die Verwendung öffentlicher Mittel.

Die unabhängigen Produzentenverbände kritisieren schon seit längerem, dass das Netz sendereigener Unternehmen immer weiter ausgebaut wird. Die KEF zählte in ihrem letzten Bericht insgesamt 180 ARD- und ZDF-Tochterfirmen (150 ARD, 21 ARD und ZDF gemeinsam, 9 ZDF) mit einem jährlichen Umsatz von über 1,6 Milliarden Euro. Welche dieser Firmen welche Geschäfte betreiben, erschließt sich dabei in vielen Fällen nicht. Dabei vergrößern diese Töchter die Unternehmenszahl mit weiteren Ausgründungen. Alleine die WDR/SWR/MDR-Tochter Bavaria Film GmbH hält derzeit über 50 Beteiligungen.

Der Verhaltenskodex beinhaltet Modalitäten der Programmauswahl und einen verbindlichen Ablaufplan für die jeweiligen Verhandlungen hin bis zu einer endgültigen Auftragsvergabe, um einen klaren Auftragsprozess und einen auch für unabhängige Produzenten verlässlichen Zeitplan zu gewährleisten, wobei das Letztentscheidungsrecht des Senders über die Auswahl und Vergabe der Auftragsproduktionen nicht in Frage gestellt wird. Darüber hinaus enthält der Verhaltenskodex Regelungsvorschläge zur Projektentwicklung, eine Definition der im Produktionsfall erworbenen Rechte, deren Vergütung, Dauer und Exklusivität sowie inhaltliche und organisatorische Vorkehrungen, die für die Prüfung, Überwachung und Gewährleistung der Einhaltung des Verhaltenskodex notwendig sind.