70% der Beschwerden beim Presserat kommen per E-Mail

Aufreger des Tages

Der Sprecher des Presserats, Bernd Hilder, und Geschäftsführer Lutz Tillmanns informierten auf der Jahrespressekonferenz des Deutschen Presserats am 28. Oktober 2010 in Berlin u.a. über folgende Themen:

Die Zahl der Beschwerden steigt weiter an. Zum jetzigen Zeitpunkt - Mitte Oktober - sind bereits 1500 Beschwerden beim Deutschen Presserat eingegangen, so dass für das gesamte Jahr 2010 mit ca. 1600 Beschwerden zu rechnen ist. Dies ist eine weitere Steigerung um ca. 26% im Vergleich zum Jahr 2009. Damals verzeichnete der Presserat bereits eine 74 %ige Steigerung der Beschwerden im Vergleich zum Jahr 2008. Ursache für die beiden außergewöhnlichen Jahre ist zum einen die erweiterte Zuständigkeit des Presserats auch für journalistisch-redaktionelle Online-Publikationen sowie die Möglichkeit, sich online über ein Beschwerdeformular beim Presserat zu beschweren.

2009 erreichten den Presserat insgesamt 1269 Beschwerden (2008: 729). In den Beschwerdeausschüssen des Presserats wurden 2009 von den ehrenamtlichen Mitgliedern rund 44 % mehr Beschwerden behandelt: insgesamt 422 (2008: 294). Für 2010 rechnet der Presserat mit ca. 740 Beschwerden in den Ausschüssen. Eine Analyse der eingehen Beschwerden 2009 und 2010 zeigt, dass viele Leser das Online-Beschwerdeformular des Presserats nutzten, um ihren Unmut zu äußern, auf Fehler und fehlende Sensibilität bei den Redaktionen hinweisen - und sich selbstverständlich auch zu beschweren.

Auch wenn der Presserat in vielen Fällen nicht eingreifen kann oder viele Beschwerden auch unbegründet sind, so ist das Bedürfnis der Leser und User klar als Dialogaufforderung an die Medien zu interpretieren, sich mit Qualitätsstandards auseinanderzusetzen.

Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich die Sammelbeschwerden anschaut, die den Presserat in den letzten zwei Jahren erreicht haben. 2009 sind zum Amoklauf in Winnenden 81 Beschwerden eingegangen, 2010 zum April-Titelbild der Titanic 198 und zur Loveparade-Berichterstattung insgesamt 245. Sowohl bei den Beschwerden zur Titanic-Karikatur als auch bei der Loveparade-Berichterstattung war deutlich zu sehen, dass sehr viele Leser über soziale Netzwerke oder über kirchliche oder soziale Portale von der Beschwerdemöglichkeit erfahren haben und diese dann auch nutzten. Die Beschwerdegegner haben sich seit der Online Zuständigkeit des Presserats ebenfalls verändert. So sind bereits heute weitaus mehr Beschwerden gegen Online-Medien eingegangen als gegen Printmedien. Diese Zahlen muss man selbstverständlich auch vor dem Hintergrund sehen, dass mittlerweile rund 70% der Beschwerden beim Presserat per E-Mail bzw. über das Beschwerdeportal eingereicht werden. Hier wird in der Regel dann auch per Link oder Screenshot auf den monierten Beitrag hingewiesen.